An dieser Stelle nutze ich mal die Gelegenheit um mal einen anderen Blog zu bewerben, etwas über den Zivildienst in Japan zu berichten und auch um nen kleinen Schlag aus meiner Jugend zu erzählen. Ja, ist das nicht herlich.
Der Blog japan.zivis.de ist ein noch recht junger Blog, von einem jungen deutschen Zivi in Tokyo. Er soll, neben den Ereignisse rund um seinen Zivi in Japan, auch ein bisschen über Freiwilligendienste und Zivildienst in Japan allgemein informieren.
Ich hatte damals, vor dem Abitur, auch versucht meinen Zivi in Japan zu machen. Ein Zivildienst im Ausland heisst offiziell “Anderer Dienst im Ausland“. Man bewirbt sich dabei nicht direkt bei einer Stelle, sonder bei einem Trägerverein, die einen dann vermitteln – und dabei auch nicht unbedingt an das Wunschland. Es gibt eine feste Liste an Trägervereinen (die man hier auf der Website des Bundesamt für Zivildienst einsehen kann), und für die Hälfte der Vereine muss man anerkannter Christ sein (!), da man einen Schein von seinem Pastor vorlegen muss.
Die meisten Vereine stehen auch unter dem größten Dachverein Aktion Sühnezeichen e.v (ASF), die sich in gesamt Europa um Friedensdienste bemühen. Die lokalen Projekte stehen oft in Zusammenhang mit Kriegsverbrechen von Deutschland in der NS-Zeit. Als junger Deutscher kann man so seinen Teil zur Wiedergutmachung leisten bzw. zur Vergangenheitsbewältigung. Da man selbst direkt nichts mit den geschehenen Ereignissen zu tun hat, ist es auch ein guter Weg, sich mit dieser deutschen Geschichte auseinander zu setzen.
Mein Bruder hatte damals einen Zivi im Ausland gemacht, auch bei ASF. Er wollte ursprünglich nach Israel, allerdings war dort kein Platz frei, ihm wurde Russland angeboten und er schlug zu. Für 18 Monate war er in dann Nowgorod Deutschlehrer-Assistenz. Nach der Zeit ist er dann mit der transsibirischen Eisenbahn nach China.
Ich war zwar erst 8-10 Jahre alt, als er weg war, jedoch hab ich schon mitbekommen, wie ihn das nachhaltig beeinflusst hat. Er ist jetzt Fernsehjournalist und oft in Russland und den ehemaligen Sowjetstaaten unterwegs, das gilt auch als seine Spezialität bei den Sendern.
Wegen dieser tiefbleibenden Eindrücken stand schon früh für mich fest, ich mache meinen Zivi auch im Ausland.
(In der 11. Klasse hatten wir in der Schule mal einen Projekttag zum Thema “Leben nach dem Abitur”. Ich war in der Gruppe “Zivildienst” und habe einen 10 minütigen Film zum Thema gedreht, genannt “Der blutige Pfad zum Zivi”. Es war mein erster Film und führte dann zu einer weiteren Reihe von Ereignissen die mein Leben stark prägten… den Film habe ich leider nur auf einer Festplatte in Deutschland, sonst hät ich ihn verlinkt, obwohl er wirklich sehr, sehr schlecht ist 😉 )
Im letzten Schuljahr habe ich dann einen Japanisch-Kurs belegt, bei der Volkshochschule unter Saki Matsuda. Ich hatte mich schon länger mit Büchern mit der Sprache beschäftigt, doch noch nie in einem Unterricht gelernt. Zuerst der Anfänger- und danach dann Intensiv-Kurs. Letzterer war mit drei Leuten immer recht überschaubar. Insgesamt für 7 Monate habe ich den Kurs besucht, neben Abi-Stress, Redaktionsleitung Abi-Jahrbuch, Schülerzeitung und Filmfest – es war alles etwas viel in dem Jahr und jedes Projekt litt unter der Gesamtheit an Projekten. So auch mein Japanisch.
Ich bewarb mich dann beim einzigen Trägerverein, der einen Zivi in Japan anbietet, dem Deutsch-Japanischen-Friedensforum e.v.. Praktischerweise saßen die auch in Berlin und ich musste nicht, wie andere Mitbewerber, eine lange Anfahrtszeit auf mich nehmen. Die Auswahlgespräche fanden dabei an einem Wochenende statt. Es wurden Sprachkenntnisse und soziale Kompetenz getestet. Dabei kamen in dem Jahr 40 Leute auf etwas mehr als 10 Stellen, der Druck war recht groß.
Einen Zivildienst im Ausland muss übrigens selbst finanziert werden. Dazu sucht man sich einen Spendenkreis, die monatlich gewisse Pakete spenden, ein Paket ist dabei 10€ und insgesamt sollen es monatlich 200€ sein. Damit wird dann Versicherung, Unterkunft und etwas “Taschengeld” bezahlt. Vom Staat gibts auch was, aber nicht viel. Zivildienst im Ausland ist halt dann eben doch irgendwo schon “Luxus” – auch wenn man sich diese Projekte wirklich leisten sollte.
Mein Ziviausweis, es ist zwar kein Kaffee, den ich drüber verschüttet habe, aber irgendwas hab ich drüber verschüttet…
Um es kurz zu machen: Ich wurde nicht genommen. Größtenteil weil ich im Sprachtest versagt hatte. Zwischen dem Casting und Zivibeginn lagen noch 8 Monate (!), genug Zeit um sich intensiver auf das Land und die Sprache vorzubereiten, meiner Ansicht nach.
Mit mir bewarben sich auch Leute, die schon ein Jahr in Japan waren (zum Schüleraustausch), oder schon seit vielen Jahren Japanisch lernten. Der Grund, warum sie nach Japan wollten war oft, und das kann ich ruhig wörtlich zitieren, weil es “einfach” ist. Schließlich kannten sie die Sprache ja schon.
Ich war niedergeschlagen von der Absage, bin aber Rückblickend dann doch glücklicher. So bin ich zwar erst zwei Jahre später nach Japan, doch ich bin hier nicht an eine feste Stelle gebunden, sondern freier mit der Verteilung meiner Zeit. Auch kann ich jetzt in Tokyo als Fotograf arbeiten, was sehr spannend ist.
Der Autor von japan.zivis.de hatte sich auch beim Deutsch-Japanischen-Friedensforum beworben und wurde, trotz sehr guter Japanischkenntnisse, abgelehnt, aus Gründen die ich persönlich für verwerflich und abstoßend halte (und eigentlich noch mehr, nur mir gehen die jugendfreien Worte aus), in Rücksprache mit dem Autor aber nicht öffentlich machen möchte. Er war übrigens auch “glücklicher” mit der Absage, da er sich so selbst alles zusammensuchen konnte.
Denn diese Möglichkeit, sich selbst ein Projekt zu suchen und den Papierkram zu erledigen, gibt es auch für einen Anderen Dienst im Ausland. Er ist nur ungleich schwerer, ja sogar fast unmöglich wenn man der Sprache des anderen Landes nicht mächtig ist. Doch ich finde das zeigt sehr schön, wie wichtig es ihm war, diesen Friedensdienst zu leisten und auch andere Interessierte darüber zu informieren.
Da ich persönlich nach der Absage in Deutschland bleiben musste, konnte ich auch das Filmfest weiterführen, für dass ich dann im letzten Jahr auch eine Auszeichnung in einem nationalen Kunstprojekte-Wettbewerb erhalten habe. Das hat mich auch gelehrt, dass wenn eine Sache nicht funktioniert, auf die man gehofft hat, es doch am Ende viel mehr Möglichkeiten gibt, die vielleicht sogar besser sind.
So, wie komm ich zum Titel des Eintrags? Nun…
Im neuesten Eintrag von japan.zivis.de beschreibt der Autor, wie das Haus, in dem er noch eine Woche zuvor gewohnt hat, völlig ausgebrannt ist.
Es war ein Shared House/Gasthaus, ähnlich wie dem, in dem ich ab dem 1.2. wohnen werde. Da kommt man schonmal ins Grübeln: Was, wenn dir sowas passiert?
Ich will es mir garnicht ausmalen… Wenn meine Kamera oder mein Computer verbrennt, wär ich auf einen Schlag arbeitslos – abgesehen von all den Fotos, die digital mit in Rauch aufgehen würde. Meine Existenz und ein Teil von mir würde damit unwiederruflich zerstört sein. Furchtbare Vorstellung.
Um den ganzen noch ne positive Wendung zum Ende des Artikels zu geben, hier mal eine kleine Anekdote von meinem Zivi in Deutschland:
Boden der Küche, den wir 1-2 die Woche schrubbten. Auch beliebte “He Zivi, mach ma!”-Forderung
Ich habe meinen Zivi im Kindergarten Alegria gemacht, einem deutsch-spanisch-englischen Kindergarten, mit internationalen Erziehern, viele dabei aus Südamerika. Ich stand dabei in der Küche mit zwei kochenden Kubanern, die kaum Deutsch konnten und ich null Spanisch. Es war aber eigentlich recht amüsant und die Kids waren süß.
Es war aber auch sehr anstrengend und teilweise erniedrigend. Laut Kita Hierarchie stand ich als Zivi noch unter den Kindern, und viele frustrierte Erzieherinnen, die den ganzen Tag die Schreie der Kinder ertragen musste, ließen ihren Frust an mir aus. Ich hab mir das selten gefallen lassen, auch wenn mir oft mit den Feldjägern gedroht wurde 😉
Zur Kita gehörten drei Einrichtungen in Berlin, in der ich rumgereicht wurde, je nach Bedarf. In einer Kita stand ich dann mal mit einerm Liberianer in der Küche. Die Kita war dabei klein und es war alles recht entspannt. An einem der Tage wo ich da war, fand eine Feuerübung statt. Alle sollten raus, auch die Küchenmitarbeiter, obwohl wir in einer halben Stunde Mittag servieren sollten. Wir ließen also den Herd an und gingen raus.
Draußen stand die Oberchefin der Kita, die selten da war, aber sich oft mit den Leistungen der Kita brüstete und mir am meisten mit den Feldjägern drohte, wenn sie mich nicht gerade für eigenständiges Denken oder Kritik an meiner Behandlung und Arbeit zurecht stutzte.
Wir standen nun also draußen, die Kinder ziemlich verwirrt, ebenso wie ich. Denn der einzige Ort, an dem in diesen Haus ein Feuer ausbrechen könnte, war definitiv die Küche, die wir soeben allesamt verlassen haben, mit der Kochplatte immer noch aktiv. Das das nicht so clever war, sagte ich der Oberchefin, doch die reagierte nur genervt. Es wäre nicht in meiner Position sie zu kritisieren (oder nachzudenken) und ich sollte wieder in die Küche.
Ob die Kita immernoch steht, ob ein ungelernter Zivi am Nachmittag, wenn die Köche weg sind, nach wie vor allein für 200 Kinder verantwortlich ist, ob es inzwischen mehr Gerichte als die 12 gibt, die einmal im Monat rauf- und runtergekocht werden oder ob die Kubaner endlich Deutsch gelernt haben – ich weiss es nicht. Ich weiß nur, dass mir der Koch damals eine DVD geliehen hat, die ich immer noch nicht zurück gegeben habe. Nach meiner Rückkehr werd ich mal vorbeikommen und von meiner Reise in das Land berichten, von dem ich während des Zivis immer erzählt habe, und von dem ich in ruhigen Momenten geträumt habe und auch von dem Zeitpunkt, in den ich diese enge und teilweise erniedrigende Arbeit verlassen kann. Denn mit dem Zivi hab ich mir auch das Startkapital für Japan verdient. Tagsüber war ich in der Küche und am Abend dann als Fotograf unterwegs. Danach bin ich dann meist völlig kaputt ins Bett gefallen, aber es war absolut wichtig, bei so einer repetitiven und monoten Arbeit den Geist mit kreativen Aufgaben wach zu halten.
Kleines Experiment aus dem Küchenfenster heraus… Bild größer: hier
Die Hierarchien in Japan sind zwar nicht unbedingt freier, aber dafür ist meine Position als internationaler Fotograf deutlich besser, als die eines langhaarigen Zivis in dreckigen (da nur alle 2 Wochen von der Dienststelle gereinigten) Küchenklamotten.
->Weblink: japan.zivis.de