Das drittälteste Kino von Berlin (und die Berlinale)

Ein Berlinale-Film ist vier Kilometer lang. Fünf ganze Berlinale-Filme muss man ausrollen, um von mir nach Friedrichshagen zu kommen. Dort, am äußersten Rande von Berlin, liegt das fast 100 Jahre alte Kino Union. Für einen Tag rollte dort die Berlinale mit zwei Filmen ein. Ich war von morgens bis abends dabei.

Es ist zwar warmer Frühling und die Berlinale liegt zurück im kalten Winter (und eigentlich habe ich auch keine Lust mehr auf Berlinale), doch einen Beitrag würde ich gern dem alten Medium Film widmen. Vorallem da mein Fernseher im letzten Gewitter kaputt ging (ja, im 21. Jahrhundert passiert sowas noch) und ich derzeit mit Filmen und DVDs meine Abende fülle.

Wie hier lang und breit erläutert, war ich bei der Berlinale in diesem Jahr als Fotograf unterwegs. Ich würde nicht so weit gehen und diese Zeit als eine Verschwendung von Energie und Arbeit zu bewerten, aber die besten zwei Wochen aller Zeiten waren es sicher nicht. Für mein eigenes Projekt, fernab vom elenden roten Teppich, suchte ich mir ein kleines Kino aus, das die Berlinale beehren sollte. In langen, lauten Gesprächen mit der Leiterin vom Fotojournalismus-Programm versuchte ich durchzusetzen, dass ich einen Tag dort fotografieren darf. Sie lehnte zunächst ab, mit der Begründung „es ist ja nicht sicher, dass du dort dann auch gute Bilder machst“.Als sie mich dann anrief und die Erlaubnis gab, saß ich schon im Zug nach Friedrichshagen.

Friedrichshagen ist ein Stadtteil von Berlin-Köpenick und eine der schönsten Ecken von Berlin. Ich bin immer froh, wenn mich ein Auftrag nach Köpenick führt. Das viele Wasser, Grün und die alte Architektur dort sind wie ein kleiner Urlaub für die Augen. Friedrichshagen ist mit seinen alten Villen und einem weiten Waldgebiet rund um den Müggelsee sehr zu empfehlen. Zwar noch Teil der Großstadt Berlin, vom Lebensgefühl her allerdings doch eher dörfisch. Die Menschen dort sagen, wenn sie den Richtung Westen nehmen, dass sie „in die Stadt reinfahren“, als wären sie schon vor den Toren von Berlin. Ohne Frage war das natürliche Friedrichshagen der Kontrast zur aufgeblasenen Berlinale im Zentrum der Stadt.

Ich wollte den ganzen Aufbau der Berlinale mitnehmen, aber auch das Leben in und um das Kino. Einfach was Echtes, was ich nach einer Woche auf dem roten Teppich auch nötig hatte. Die Leute gewöhnten sich schnell an mich und meine Kamera. Ich blieb stets im Hintergrund und fiel nicht auf. Ich wollte nur ein Beobachter sein, und man ließ mich.

Als ich ankam, drangen Kinderschreie aus dem Saal. Am Vormittag lief nämlich das „Kinderwagen-Kino“, wo Mütter ihren Kinderwagen in den Saal fahren um auch mal eine Vorstellung genießen zu können. Es lief eine Komödie von Döris Dörie, es roch nach Windeln und frischen Popcorn.

Ein antiker Eintrittskarten-Automat.

Das Kino Union wurde 1872 als Tanztheater konzipiert und 1913 in ein Kino umgebaut. Den Ursprung eines Kinos mit Tanzsaal sieht man noch.

Ob es jetzt tatsächlich das drittälteste Kino von Berlin ist, das weiss ich nicht, da dabei auch oft mit zweierlei Maß gemessen wird. Das älteste Kino, dass diesen Titel auch tragen darf, ist das Moviemento in Kreuzberg, aber danach spaltet sich die Liste. Manche waren im und nach dem Krieg noch im Betrieb und zählen das mit, andere haben von der Nazis bis zu Wende pausiert. Das Kino Union jedenfalls ist meinen seiner fast hundertjährigen Geschichte sehr, sehr alt.

Nachdem die Kinderwagen rausgerollt und eine große Kiste mit Windeln unter die Bühne geschoben wurden, begann die Vorbereitung zur Berlinale. Eine Wand wurde extra noch in frischen rot bemalt, 70 Jahre alte, riesige Lautsprecher hinter einem Vorhang versteckt und die Mikrofone getestet. Alles unter den wachsamen Augen des Chefs.

Die Perspektive von unten soll Erhabenheit ausdrücken und subtil seine Position innerhalb des Kinos darstellen. Bis auf mich sieht das aber anscheinend niemand und man fragte mich bisher nur, ob ich nicht auch „normale“ Bilder von ihn im Portrait habe…

Der Chef und sein Personal war sehr freundlich. Eine Eigenart, die ich mal wieder Friedrichshagen zuschreiben würde. Auf meine verwunderte Frage, warum sie denn nicht frecher und schnippischer zu mir sind, schließlich sind wir ja in Berlin, fragten sie mich nur, wo ich armer Kerl denn herkomme. Mitte, sag ick, und sie sagten „ahh… aus der Stadt“.

Diesen Widerspruch, teil von Berlin zu sein aber dann doch wieder nicht, fand ich sehr faszinierend. Ich hörte mich auch mal im Kiez um, sprach mit Passanten, Frisören und Bäckern. An dieser Stelle mal eine ausdrückliche Empfehlung für die Dresdner Feinbäckerei, die seit 1906 in Friedrichshagen ansässig ist. Ich habe in Berlin selten so gute Backwaren gehabt.

„Ja hallo, ich bin Fotograf und begleite heute die Berlinale im Kino Union“
„Wie Berlinale? Ich denke die ist in der Stadt?“
„Ja schon, aber heute auch für zwei Vorstellungen in Friedrichshagen.“
„Oh, davon wusste ich nichts.“
„Interessieren sie sich nicht, welche Stars und Schauspieler hier heute vorbei kommen?“
„Ach, in Friedrichshagen haben wir genug Künstler.“

Das war der Dialog, der sich oft so oder ähnlich abgespielt hat. Unaufgeregt über den Pseudo-Glamour der Berlinale, der am Potsdamer Platz immer vorgetäuscht wird, lebten die Friedrichshagener in ihrer eigenen Welt. Und es stimmte: Friedrichshagen war und ist ein Viertel für Künstler in Ost-Berlin. Das an diesem Tag noch ein paar Nasen aus der Stadt eingeritten kamen, holte da keinen Friedrichshagener mehr hinterm Ofen hervor.

Die alte Küche im Kino, an deren Kacheln man fast die Geschichte ablesen kann.

Über dem Popcorn und Ticketschalter hing dieses Portrait. Wer das ist? Nun, das wusste keiner. Es hing anscheinend schon immer hier. Jeder Angestellten, den ich fragte, erzählte mir was anderes. Einmal war es der Gründer vom Kino, der erste Chef oder einfach nur ein Bild, was irgendwann mal auf dem Flohmarkt gekauft wurde. Seitdem wacht der Namenlose über Bier und Goldbären.

Irgendwann am Nachmittag rückte auch der Berlinale-Trupp an, der alles etwas mehr berlinaliger machen sollte.

Das Interessante hierbei: Das Kino Union liegt direkt vor einer Straßenbahnhaltestelle. Der rote Teppich wurde direkt bis zum Wartehäuschen ausgerollt.

Endstation roter Teppich.

Kurze Zeit später traf auch der Film ein. Vier ganze Rollen, jeweils einen Kilometer lang. Der Filmvorführer Schmitti fügte die dann sauber zu einer großen Rolle zusammen und legte sie auf eine große Filmtrommel.

Im Vorführraum surrte es. Es klackte, drehte sich und leuchtete. Das war Film. Nicht einfach eine runde Scheibe in den DVD-Player legen, auf youtube einen Knopf drücken oder im Fernsehen von Werbung unterbrochen werden. Das hier war Chemie, Mechanik und Licht, die Töne und Träume erzeugen konnten.
Den ganzen Tag auf dem roten Teppich, ohne einmal ins Kino zu können und nur blasierte Gesichter beim Winken zu sehen – das ist nicht Film. Hier im Vorführraum war ich weit weg von der Berlinale und doch näher dran, als ich es je am roten Teppich war.

Der Film lief frei durch den Raum. Vier Meter an der Decke entlang bis er dann in den Projektor lief und dann vier Meter am Boden, wo er wieder auf die Trommel gezogen wurde. Das ganze hat den Vorteil, dass der Filmvorführer die Rollen nicht mehr wechseln braucht, wenn er sie vorher zu einer großen Rolle zusammen klebt.

Das Risiko für mich war nur, beim Fotografieren nicht aus Versehen auf den Film zu treten, die Vorführung anzuhalten und wahrscheinlich den ganzen Apparatus zur Explosion zu bringen.
Passierte zum Glück nicht.

Mit dem Filmvorführer hatte ich an dem Tag am meisten zu tun. Nicht nur, weil ich mich sehr gerne in seinem Raum mit dem Surren und Klacken aufhielt. Er hatte auch am meisten zu erzählen. Einer alten Journalisten-Weisheit folgend, dass die beste Frage einfach Schweigen ist und man zuhören sollte, erzählte mir Schmitti viel über sich, ohne das ich fragen musste. Ich hörte nur zu.

Er hat mit Radio-Technik angefangen, hat auch mal Kamera gemacht und ist dann irgendwann im Kino Union gelandet, wo er neben Filmvorführer auch eine Art Hausmeister für die Elektrik ist. Er selbst sieht sich vielleicht nur noch zwei Filme im Jahr an. Denn Film ist für ihn nicht 30 Minuten Spannung im Fernsehen bis zur nächsten Werbepause. Im Kino kann er es auch nicht wirklich gucken, da er viel zu sehr auf die Schnittmarken und korrekte Verteilung der Bildachsen achtet. Wie er es nun trotzdem schafft einen Film zu genießen, konnte er mir nicht verraten. Vielleicht weiß er es selber nicht mehr, nach all den Jahren im Kino.

Die Karten für die Berlinale waren nach zwei Stunden ausverkauft. Vor zwei Jahren hatte es sogar nur eine halbe Stunde gedauert. Trotzdem gab es an dem Tag viele, die noch versuchten über Telefon an Karten zu bekommen, oder eben, wie hier, vor dem Kino warteten und darauf hofften, jemand mit Ticket würde nicht mehr auftauchen.

Als Dankeschön für ihre Zeit und die Freiheiten, die ich als Fotograf hatte, habe ich dem Kino eine Auswahl meiner Bilder geschickt. Ebenso wurden ihnen auch von einem Fotograf der Berlinale Bilder zur Verfügung gestellt, auf einem bin ich sogar drauf. Ich überlasse jedem selbst die Entscheidung welche Galerie nun besser ist….

Berlinale 2011:

Berlinale bei nahe
Berlinale Nachklapp, Teil 1
Das drittälteste Kino von Berlin
Berlinale Nachklapp, Teil 2

„Tsunami? Interessiert doch keinen mehr!“

Eine ehemalige Mitbewohnerin aus Tokyo ist Dolmetscherin, die für die Medien im Tsunami-Gebiet arbeitet. Was sie mir erzählte, fand ich sehr interessant und führte daher ein Interview mit ihr. Von all den Redaktionen, die ich dann angeschrieben habe, wollt keiner den Text haben. Warum das so ist, erklärte mir dann ein Kollege: Das Thema Tsunami ist ausgelutscht, danach kräht kein Hahn mehr.
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Kollege Tokyobling

Am 11. März 2011 war das Erdbeben in Japan. Dem folgte der Tsunami. Kurze Zeit später folgte Fukushima und die Medien sind dabei geblieben. Von Meldungen wie „Horror-AKW!“ oder „Strahlung millionenfach erhöht“ versuchten vor allem die deutschen Medien sich in der Dramatik zu übertrumpfen – und vergaßen dabei ganz, dass die eigentliche Dramatik und Verwüstung im Tsunami-Gebiet liegt. Alle schrien nur noch Fukushima und andere Katastrophen wurden vergessen.

Ich könnte mich lange darüber aufregen, was die deutschen Medien in den letzten Wochen in puncto Japan alles verbockt haben. Und wer mich in letzter Zeit getroffen hat, kann das bestätigen.
Unqualifizierten Korrespondenten, die ohne Japanisch-Kenntnisse nur das kommentieren, was im japanischen Fernsehen läuft. Eine unprofessionelle Flucht vom ARD-Team nach Osaka, die aufgrund von Angst vor der Strahlung begangen wurde, die jedoch zu keinem Zeitpunkt in Tokyo höher war als zum Vergleich in Rom. Bis hin zu vielen peinlichen Unsauberkeiten von einigen Journalisten. Ich spare mir das hier, da tabibito, der Blog farorientalism und der Fernsehkritiker (ab Minute 3:57) das sehr viel besser und ausführlicher zusammengetragen haben.


Zug in Shinchi, Präfektur Fukushima, von der Wucht der Tsunami wie eine Ziehharmonika zusammengefaltet

Meine Freunde, Kollegen und Bekannten in Tokyo haben die Tsunami jedoch nicht vergessen. Täglich sah ich Meldungen, Bilder und Berichte aus dem Gebiet, auch als die internationalen Medien schon längst weg waren. Das Thema hatte also bei mir nicht an Dringlichkeit verloren. Ein Kollege meinte daraufhin zu mir, dass das nur eine verzerrte Perspektive sei, das Thema Tsunami längst durch ist und keinen mehr interessiert. Trotzdem fand ich, dass meine Perspektive der Monotonie der Medien etwas hinzufügen könnte, ja, sogar hinzufügen sollte. Doch da alle nur hysterisch Atom!Atom! schrien, konnte ich dagegen nicht wirklich ankommen.

Nun ist der Text sicherlich nicht frei von Fehlern. Und es gibt neben der derzeitigen Ausrichtung der Redaktionen auch strukturelle Unsauberkeiten am Text, die eine Veröffentlichung erschwerten. Doch die Geschichte meiner Mitbewohnerin, ihrer Arbeit vor Ort und ein Blick hinter die Kulissen der Medien, die dort arbeiten, möchte ich trotzdem teilen.


Englisch-Lernbuch in einer Grundschule in Kadowaki

„Entschuldigung, wo sind hier die meisten Menschen gestorben?“


Nikki Tsukamoto Kininmonth hat neuseeländische und japanische Eltern, sie lebt in Tokyo und arbeitet als Übersetzerin, u.a. für Amnesty International. Seit der Erdbebenkatastrophe war sie mehrmals in Sendai & Umgebung, und arbeitete dort als Dolmetscherin zum ersten Mal für die internationalen Medien.

Protokoll: Fritz Schumann

Als es passierte saß ich geschockt vor dem Fernseher. Zwei Tage lang konnte ich mich nicht von den Medien wegbewegen, ich verfolgte im Internet und auf Twitter jede neue Information zur Katastrophe. Doch dann kamen auch Meldungen über das solidarische Verhalten von Menschen in dieser Situation. Völlig Fremde teilten das letzte Bisschen was sie hatten miteinander. Die Last, die von einigen getragen werden musste, sollte auf Alle verteilt werden. Für mich war es unerträglich, in dieser Situation nur vor dem Fernseher zu sitzen und nichts zu tun. Ich wollte helfen. Über Facebook suchte ich dann nach Möglichkeiten und noch am selben Abend war ich im Gespräch mit einem holländischen Fernsehteam. Ich packte sofort meine Sachen und fuhr mit ihnen nach Sendai, in das Herz der Katastrophe.
Inzwischen arbeite ich auch für britische Zeitungen. Ich habe keine Ahnung bis wann ich noch für die Medien tätig bin. Ich kann es auch nicht verantworten, jetzt mit dieser Arbeit aufzuhören.


Bahnübergang von der Sakamoto Station in Miyagi, wo nicht einmal mehr die Gleise übrig sind. Durch diesen Bahnhof bin ich 2009 auch gefahren.

Es ist unbeschreiblich. Selbst dann nicht, wenn man die ganze Zerstörung mit eigenen Augen sieht. All die materiellen Güter und der Besitz, den wir haben um uns etwas besser zu fühlen, sind bedeutungslos. Der ganze Mist schwimmt jetzt nämlich weit draußen im Pazifik – zusammen mit dem nuklearen Abfall von Fukushima Daiichi.

Das holländische Fernsehteam war das erste Mal in Japan, die Briten waren vorher nur als Touristen hier. Alle wurden schnell eingeflogen und waren das erste Mal in einem Katastrophengebiet. Sie waren respektvoll den Leuten gegenüber und fragten mich oft, wie sie sich korrekt verhalten sollten. Manchmal hat ihre Suche nach großen Geschichten mich in unangenehme Situationen gebracht. Fragen wie „Wo sind hier die meisten Leute umgekommen?“ – während nach wie vor tausende vermisst sind oder Totenscheine von trauernden Angehörigen ausgefüllt werden. Trotzdem waren die Bewohner immer freundlich und hilfsbereit.

Es gab Momente wo ich klar „Nein“ sagen musste, aber die Journalisten gaben sich Mühe, die Kultur der Japaner zu respektieren. Wenn sie sich nicht sicher waren, schickten sie mich vor um die Frage zu stellen. Fragen wie: „Entschuldigen Sie, wie viele Menschen sind hier gestorben?“. Das waren heftige Momente, aber mir ist es lieber, dass ich diese Fragen stelle, weil ich die Sprache und Kultur besser verstehe. Es gibt auch leichte Momente, z.B. wenn die ausländischen Journalisten technische Spielereien entdecken, die typisch sind für Japan. Ich genieße diese flüchtigen Momente, die zwischen der Tragik und der Zerstörung liegen, die wir täglich sehen.

Wir sprachen mit vielen Opfern des Tsunamis in Koriyama, einem etwas höher gelegenen Ort, in dem Flüchtlinge vom umliegenden Rikuzentakata und Shichigahama untergebracht waren. Dort haben wir zwei 12 jährige Jungs gefragt, uns etwas herumzuführen. Die Journalisten bestanden darauf, dass wir vorher das Einverständnis der Eltern bekommen – nicht wissend, dass die Jungs sie seit dem Tsunami nicht mehr lebend gesehen haben.

Ich verspüre nur Respekt und Bewunderung für diese Menschen, die alles verloren haben. Selbst ganz unten, auf dem Boden eines Supermarkts, wo sie auf Pappkartons schlafen müssen, scheinen sie so stark und voller Hoffnung zu sein. Ich verstehe nun die Bedeutung des Worts „shouganei“ besser, was soviel bedeutet wie „da kann man nichts machen, es ist halt so“. Es ist hier zu einer Lebenseinstellung geworden.
Die ausländischen Journalisten sind auch beeindruckt vom Durchhaltevermögen der Japaner. Sogar die beiden 12 jährigen Jungen, die ihre Mütter verloren haben, waren so willensstark und optimistisch. Ich hoffe inständig, dass die beiden immer Freunde bleiben und auch, dass sie die psychologische Beratung bekommen, die sie benötigen werden.

Zum Abschied winkten uns diese Kinder zusammen mit ihren Geschwistern und kleinen Cousins zu und meine Tränen konnte ich da nicht mehr verbergen. Eines Tages würde ich gerne wieder nach Rizukentaka zurückkehren um diese Jungs wieder zu finden.

Die meisten Journalisten suchen nach persönlichen Schicksalen, glückliche wie auch traurige. Sie nehmen eine scheinbar beliebige Idee, wie z.B. ein Schulsportteam und sie versuchen herauszufinden, ob alle aus dem Team gestorben sind oder nicht. Ich höre dann die Geschichten der Opfer, sehe die Gesichter derer, die alles verloren haben. Wir finden Fotos und Alben im Schlamm des Tsunami und ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit für mich, sie den Besitzern wieder zu geben.
Wie sehr ich es auch bereue das zu sagen, aber ich genieße dieser Arbeit sehr. Ich werde weiterhin den Medien bei der Berichterstattung helfen. Aber ich würde auch gern etwas Zeit für Hilfsprogramme und NGOs opfern.

Manchmal frage ich mich, wie viel Berichterstattung bewirken kann. Oft erscheint es nur als eigennützige und selbstsüchtige Suche nach der großen Story. Aber ich möchte gerne glauben, dass wenn mehr und mehr Menschen auf der anderen Seite des Globus von der Situation erfahren, sie auch mehr helfen wollen. Ich merke auch die Verantwortung für meine Arbeit, die zu einer direkten und vor allem wahrheitsgetreuen Berichterstattung in den Medien führen kann.


Von der Tsunami getroffene und danach ausgebrannte Grundschule in Kadowaki

Momentan habe ich keine Pläne Japan zu verlassen. Ich habe wohl eine Art Sinn für Pflicht und loyale Zugehörigkeit zu Japan entwickelt. Ich sollte gehen, sagen mir Freunde und Familie, doch das kann ich nicht mehr. Ich habe mich niemals als Nationalist gesehen, aber jetzt das Land zu verlassen würde heißen, es im Stich zu lassen.

Wenn die britischen Journalisten unter sich sind, äußern sie ihre Zweifel, dass diese Orte jemals wieder aufgebaut werden. Ich hingegen bin mir sicher. Einige werden die Gegend verlassen, doch viele werden bleiben. Japaner waren immer schon Siedler, mit einer starken Verbundenheit zu ihrer Heimat. Selbst wenn sie die Städte in jungen Jahren verlassen. Wenn sie alt werden kehren sie zurück. Es wird Jahre dauern, aber es wird passieren.

Nach meiner ersten Rückkehr nach Tokyo war mir klar, dass ich unbedingt wieder zurück muss, um etwas zu tun. Dieses Ereignis hat Japan verändert. Die Kinder von heute werden mit diesen Einschnitten aufwachsen. Sie werden Japan wieder aufbauen.

Ich bin voller Hoffnung für sie.

Eine Mappe voller Geschichten

Aufgrund vielfacher Nachfrage, hier nun die Auswahl der Bilder für meine Bewerbungsmappe an der FH Hannover.
Ich habe mich an der FH Hannover für den Studiengang Fotojournalimus beworben, der einzige seiner Art in Deutschland und auf einem sehr anspruchsvollen Niveau. Dementsprechend präzise sind die Vorgaben für die Mappe:

Es sollen 3-6 Bilderserien eingereicht werden, mit jeweils 10-20 Bildern. Die Reihenfolge der Bilder ist dabei entscheidend, es soll nämlich ein gewisser narrativer Faden erkennbar sein.
Bei der ersten Mappenberatung in Hannover im letzten Dezember gabs derbe Kritik an meinen Bildern und deren Auswahl. Nachvollziehbar, bis dahin hatte ich noch nie eine Bilderserie geschossen, mit einem groben thematischen und erzählerischen Rahmen. Für die Mappe hatte ich mir nun also neue Themen gesucht, von denen ich dann am Ende nur zwei umsetzen konnte. Das Herz der Mappe, die Reihe, die am Besten funktioniert, in die ich am meisten Zeit und Gedanken steckte und auch in der Reihenfolge die erste, ist die Reportage zur Puppenklinik Renate Herrmann:


Mehr dazu im Blogeintrag: Die alte Dame und die Puppen

Seit 25 Jahren betreibt Renate Herrmann eine Puppenklinik in Berlin, die mittlerweile zu einem großen Archiv von Körperteilen aus Plastik geworden ist. Ihre Tochter hilft bei den Arbeiten an Puppen, Teddys und Figuren, von denen einige bis zu 80 Jahren alt sind und die Weltkriege überlebten – aber die Enkel von heute nicht.

Der Text zur Serie in der Mappe

Hab erst überlegt, ob ich einen Audiokommentar zur Slideshow mache, aber ich hatte ja im Blogeintrag schon alles dazu gesagt. Mit Kollege Martin, seineszeichens Student an der FH Hannover, habe ich mich lange und intensiv zur Bilderserie auseinandergesetzt. Er hat auch viel gute Tipps gegeben, von denen ich so viele wie möglich umgesetzt habe. Seine allerletzten Tipps zur Reihenfolge habe ich dann aber nach langen, langen Hin und Her doch nicht umgesetzt, aber so hatte ich auch ein besseres Gefühl mit der Mappe. Sorry Martin, du hast wahrscheinlich Recht gehabt, aber am Ende wars ne Gefühlssache 😉

Die erste Serie war ne Reportage, die zweite sollte ein Foto-Essay werden. Ein Foto-Essay ist ein grober thematischer Rahmen und für mich eine schöne Gelegenheit, nette Tokyo-Fotos ohne Zusammenhang zu benutzen.

Menschen in Tokyo:


Die Musik ist etwas zu schnell und fröhlich für die Bilder, fand den Song thematisch aber ganz passend.

Ich habe ein Jahr in Tokyo gelebt und als freier Fotograf & Journalist gearbeitet. Dieses Essay sammelt Impressionen von Menschen in Japans Metropole, so wie ich sie erlebt habe.

Der Text zur Serie in der Mappe

Die Idee war hier, mit einem Bild ohne Menschen beginnen und zu enden, und dazwischen möglichst viele Aspekte und Impressionen von Menschen in Tokyo unterzubringen. Es ergab dann am Ende eine schöne Reihenfolge, von ganz oben, durch die Häuser, nach unten (Ubahn), wieder den Aufstieg, etwas Tradition und eben die Nacht zum Schluss. So war zumindest die Idee.

Ich muss zugeben, an die genauen Reihenfolge kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich hatte die Abzüge bestellt, mir Laborhandschuhe aus Baumwolle angezogen und dann die Bilder hin und her geschoben, bis es irgendwie passte. Die Bilder ausdrucken und sie vor sich sehen hilft echt um eine Reihenfolge festzulegen. Danke nochmal an Martin für den Tipp.

Die letzte Reihe sollte dann wieder eine Reportage sein, die ich während der Berlinale geschossen hatte, mit dem Hinblick es eventuell in der Mappe zu verwenden. Während die anderen beiden Serien viel Analyse und Gespräche mit anderen im Vorfeld bekamen, war diese Serie bewusst komplett alleine von mir verantwortet – was auch erklärt, warum sie nicht ganz so gut funktioniert, wie die anderen und warum sie viel zu lang ist. Wobei ich da schlussendlich noch 1-3 Bilder rausgeschmissen hatte.

Berlinale für einen Tag:

Das 1911 gebaute Kino „Union“ in Friedrichshagen, einem kleinen Kiez am Rande von Berlin, wird für einen Tag zum Berlinale-Kino. Das große internationale Filmfestival der Hauptstadt zieht für nur einen Tag ins kleine Kiez-Kino.

Der Text zur Serie in der Mappe

Hierzu brauchts etwas mehr Hintergrundwissen: Die große Berlinale hat ein Programm, das sich „Berlinale goes Kiez“ nennt. Dabei suchen sie sich jedes Jahr mehrere kleine Kiezkinos raus und die Berlinale kommt mit ihrem Programm für jeweils einen Tag vorbei. Ich hatte dabei das Kino Union begleitet.
Problem hierbei war, dass der rote Faden nicht so klar war. Ich hab versucht es chronologisch aufzuziehen, besser wäre es aber glaube gewesen, mir einen Protagonisten, wie z.b. den Filmvorführer oder den Chef vom Kino, zu suchen, und anhand von ihm den Tag zu erzählen.

Einem Rat von meinem Bruder folgend, schon noch etwas mehr für die Mappe auszugeben, habe ich dann am Ende über 100€ bezahlt, wovon die eigentlichen Bilder noch die geringsten Kosten waren. An dieser Stelle ein kleiner Vermerk zum Laden für Fotozubehör monochrom in Berlin Mitte: Exzellente Auswahl, beschissener Service. 40min im Laden stehen ohne das man auch nur mal kurz angesprochen wird (schließlich muss mit dem einzigen anderen Kunden noch lange über die Lebensgeschichte gesprochen werden), oder die Unfähigkeit sich Namen und Nummern korrekt zu notieren. Nächstes Mal bestell ich online…

Gesamt bin ich mit der Mappe zufrieden und habe ein gutes Gefühl. Sollte es nicht passen, dann passt es nicht, aber als Fotograf werd ich weiterhin arbeiten. Mit oder ohne Studium. Ich glaube, dass ich in Hannover zu einem besseren Fotograf werden kann, aber das wäre nur ein Weg von vielen.
Und ein besserer, als 5600€ Aufnahmegebühr und 500€ monatlich für eine zweifelhafte Ausbildung zu bezahlen….

UPDATE: Eben kam der Brief rein, die Mappe wurde angenommen und ich wurde zur Eintrittsprüfung geladen! Dazu soll ich Pinsel, n Tuschkasten, sechs Bleistifte und viel Papier mitbringen…

Die touristenfreundliche Ruine im Pazifik

Nach tagelangen Gesprächen mit Vertretern der Stadt Nagasaki sollte es endlich so weit sein: Wir durften die Ruineninsel Gunkanjima betreten. Das das alles nicht ganz so cool wurde, wie wir uns das vorher ausmalten, wussten wir aber noch nicht…

Wir waren jetzt bereits vier Tage in Nagasaki. In diesen vier Tagen versuchten ich und meine japanische Begleiterin die Stadt zu überzeugen, uns auf die Ruineninsel Gunkanjima zu lassen. Das war nicht einfach und häufig wurde das Wetter als Grund für eine Absage vorgeschoben. Bis ich dann sagte, dass wir heute, am vierten Tag, auf die Insel fahren, komme was wolle, da meine Begleiterin heute Abend wieder nach Tokyo aufbrechen wollte und ich in weniger als einer Woche Japan nach einem Jahr verlasse. Müde, aber auch erleichtert sich dann nicht mehr mit uns beschäftigen zu müssen, sagte der Vertreter der Stadt zu. Wir sollten am Morgen einen Bus Richtung Südwesten nehmen und eine Stunde fahren.

Gegen 7 Uhr früh sind wir dann in einem kleinen Fischerdorf angekommen. Die Häuser und Bewohner konnte man an zwei Händen abzählen, nur die Boote waren zahlreich.

Ein müder und verschnupfter Vertreter der Stadt begrüßte uns vor einem angetauten Fischerboot, aus dem dann ein grummeliger Fischer gesprungen kam. Wir wurden kurz namentlich vorgestellt, Visitenkarten wurden ausgetauscht, aber viel mehr Kommunikation fand dann auch nicht mehr statt – außer der Übergabe der Bezahlung für den Fischer. Denn wir, bzw. ich musste für unsere Überfahrt zahlen, auch für die vom Vertreter der Stadt. Fand ich aber in Ordnung, schließlich kostet Sprit auch Geld.

Dieser Fischer machte wohl oft Geschäfte mit der Stadt. Weder interessierte ihn, woher ich kam, noch was ich auf der Insel wollte. Wird wohl regelmäßig ein ausländischer Journalist vorbei kommen, der auf die Insel will.
Der Verteter der Stadt, oben links im blauen Hemd, schob für uns Überstunden, so früh am Morgen. Und zu seinem Aufgabenbereich, Tourismus in Nagasaki, gehört auch nicht wirklich, Journalisten aus dem Ausland zu umsorgen. Dementsprechend genervt war er auch und jeder Ansatz zu Smalltalk wurde vor der Küste von Nagasaki über Bord geworfen und im Pazifik ertränkt.

Wie die letzten Tage zuvor war es auch an diesem Tag sehr diesig. Glücklicherweise blieb der Regen aus, doch Wind und Wellengang waren heftig. Die Kamera hatte ich stets fest in der einen Hand, das Boot in der anderen. Mein Stativ rollte auf Deck hin und her. Es war auch eine sehr knappe Entscheidung vom Fischer, heute rauszufahren, wären die Wellen nur etwas höher gewesen, wäre das Risiko zu groß. Das hatte den Vorteil, dass an diesem Tag auch keine Touristen zur Insel übersetzten. Während fliegende Fische neben unserem Boot aus dem Wasser hüpften, schaute ich in ein Wasserbecken an Bord, wo sonst Fische aufbewahrt werden. Heute wurde noch nichts gefangen.

Ich musste mir noch einmal die momentane Situation bewusst machen. Ich hatte ein Fischerboot gemietet, um zur Ruineninsel Gunkanjima zu fahren, die für 40 Jahre nicht betreten werden durfte. Meinen ursprünglichen Wunsch, dort eine Nacht zu verbringen, wurde von der Stadt in der Kürze der Zeit nicht erlaubt. Auch für die verbotenen Bereiche gab es keine Erlaubnis, da dafür mehr Formulare und mehr Zeit benötigt werden. Was ich aber bekommen hatte war ein alleiniger Besuch der Insel mit eigens gemieteten Boot. Denn wenngleich die Insel mittlerweile offen für Touristen ist, so durften die heute aufgrund des Wellengangs nicht mehr rübersetzen. Es bliebe also nur Ich und die Ruine. Und meine japanische Begleiterin. Und der Futzi der Stadt, der aufpasst, was ich mache.

Hm…

Nach ca. 20min tauchte die Ruine aus dem Nebel auf.

Vorsichtig näherten wir uns dem Landepunkt, der mit seinen neuem, weißen Geländer so gar nicht zu den ausgewaschen Beton passen wollte, auf dem es stand.

Der Fischer klappte eine Art Planke auf dem Boot aus, und wir sollten von da aus rüberspringen. Ich verstaute Kamera und Objektive sicher in der Tasche, hielt das Stativ fest in der Hand und wagte den Sprung.

Ich war auf Gunkanjima gelandet. Ich blieb einen kurzen Moment stehen, drehte mich zum Boot um, dass bereits abdrehte, um von den Wellen nicht gegen den Steinbeton gedrückt zu werden. Meine Begleiter waren bereits voran gegangen. Sichtlich gelangweilt schloss der Vertreter der Stadt die Tür zur Insel auf. Wobei die Tür auch mehr ein stählernes Tor war, welches ohne Quietschen Zugang zur Insel ermöglichte.

Man ist erstmal überrascht, wie grün die Insel doch ist. Von außen ein schwimmender Betonklotz, auf der Insel selbst grünes Leben.

Keine 10min auf der Insel brach die Sonne aus der Wolkendecke hervor, zum ersten Mal seit meiner Ankunft in Nagasaki. Nun sah man auch, wie viel sich auf der Insel und in der Luft bewegte. Mit unserer Ankunft stand die Einwohnerzahl bei drei Personen – und hunderten Libellen.

Doch es machte sich schnell Ernüchterung breit. Bewegen durfte wir uns nämlich nur auf einem künstlich angelegten Weg, der vor zwei Jahren mit viel frischen Beton auf die Insel gegossen wurde.

Nebenbei folgte mir der Vertreter der Stadt auch auf Schritt und Tritt, um ja sicher zu stellen, dass ich nicht übers Geländer klettere.

So blieb nur, den abgesperrten Weg abzulaufen, welcher auf der gesamten Südostseite der Ruineninsel verlief, um von dort dann die Impressionen vom Wegesrand mitzunehmen. Die Aussicht war dementsprechend limitiert.

Diese Insel wurde zerstört. Aber kein Krieg, kein Investor, keine Katastrophe und kein Erdbeben war daran Schuld. Nur die Zeit und die Natur, die sich den Raum wieder zurück eroberte.

Es war still auf der Insel. Neben den Wellen, die gegen die Aussenmauern krachten, hörte man eigentlich nur das allgemeine Summen der Insekten und ab und an ein paar Vögel, die uns von den Dächern der leeren Gebäude vereinzelt beobachteten.


Über die Jahrzehnte ausgewaschener Abwasserkanal

Als das Ende des Weges erreicht war, wurde mir klar, dass nun nichts mehr kommt.
Dieser enge Blick auf die Insel, nur über das Geländer hinweg, entsprach nicht dem, was ich wollte. Ich war in dem Sinne nur ein gehobener Tourist. Zwar gehörte die Insel an diesem Morgen zu großen Teilen mir alleine, doch eben diese Teile, waren auch die uninteressantesten.

Kurz vor meinem Abflug nach Nagasaki las ich von einem Blogger, der einen jungen Japaner mit Boot kennenlernte und sich an zwei Nächte heimlich auf die Insel schlich. Ich wollte den legalen Weg nehmen, doch jetzt bereute ich diese Entscheidung ein wenig.

Seufzend signalisierte ich meiner Begleiterin, dass es nun reicht und sie übersetzte es. Der Fischer wurde herantelefoniert und nach keinen zwei Stunden verließen wir die Ruine im Pazifik.

Die Wellen hatten sich immer noch nicht beruhigt und so wäre das Boot vom Fischer fast an der Betonwand zerschellt, als ich kurz zögerte wieder an Bord zu springen. Er fluchte stark auf Japanisch, was ich dann aber aufgrund der Wellen und meinem Wortschatz nicht verstand.

Ich machte mich schon bereit, der Insel Lebwohl zu sagen, da drehte der Fischer noch unaufgefordert eine Runde um die Insel. So konnten wir wenigsten von außen sehen, was wir innen nicht sehen durften.

Wir drehten bei und entfernten uns.

Die Insel wurde nun immer kleiner.

Bis sie wieder einsam im Nebel verschwand.

Der Fischer hatte inzwischen auch was gefangen.

Wieder im Dörfchen angekommen, machten wir das Boot fest, bedankten uns, sagten lautlos Tschüss und gingen unserer Wege. Der Vertreter der Stadt verschwand dann noch im Haus des Fischers und hatte dabei einen großen Umschlag in der Hand. Vielleicht war das auch nur eine Liste mit den Journalisten, die sich als nächstes angekündigt hatten.

Wir gingen zurück zum Bus.

„Du siehst enttäuscht aus.“ sagte meine japanische Begleitung zu mir, als wir an der Haltestelle standen. Doch ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich enttäuscht war. Ich wollte auch nicht enttäuscht sein. Klar, die Insel entdecken konnte ich nicht und auch die Fotos, die ich hatte, taugten nicht wirklich um sie jemanden anzubieten. Aber ich war auf der Insel gewesen. Von einem Bericht in der ARD, wo ich das erste mal von der Insel hörte, über ein Abend in Tokyo kurz zuvor, wo die Reise geplant wurde und mit vielen Gesprächen mit der Stadt im Vorfeld, hatte ich es doch auf die Insel geschafft. Und das noch relativ exklusiv und abenteuerlich.

Müde fuhren wir wieder Richtung Nagasaki. Hinten im Bus ging ich die Bilder und die Erlebnisse durch. Würde ich noch einmal auf die Ruineninsel wollen? Defintiv.
Würde ich noch einmal versuchen das mit der Stadt vorher zu klären? Wahrscheinlich nicht.

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Die Nagasaki-Nacherzählung:

Teil I – Nach Nagasaki, der Insel wegen
Teil II – Nagasaki, Stadt im Regen
Teil III – Buddha und die zerstörte Stadt
Teil IV – Gräber, die die Stadt hinauf wachsen
Teil V – Die touristenfreundliche Ruine im Pazifik
Teil VI – Eine Insel für die Holländer und ihre Dirnen


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