analog – Ausflug zur Großmutter

Eine Woche nach meiner Landung bin ich mit meinen Eltern zu meiner Großmutter nach Sachsen gefahren. Ich hatte nur meine analoge Kamera mit einem Schwarz/Weiss Film drin, den ich gestern vom Entwickler abgeholt habe. Tokyo hat ja einige Vorzüge gegenüber Berlin, aber die Fotoentwickler hier sind eindeutig besser (und billiger!). Ich bin sehr zufrieden mit den Ergebnissen. Zudem sind es meine ersten Fotos nach meiner Landung, dementsprechend habe ich auch fetsgehalten, was wieder neu und interessant für mich in der alten Heimat war.

Meine Großmutter. Ihren 84. Geburtstag habe ich leider verpasst, da ich in Japan war, doch sie ist immer noch recht rüstig und gesund. Dass ich nach Japan ging, wo nach ihrer Ansicht die Wilden hausen, fand sie zwar nicht so schön, zeigte aber, wie für alles was ich mache und sogar für mein langes Haar, Verständnis. Das gibts in dieser Familie nicht häufig.


Ein Bild vom Flughafen Haneda in Tokyo war auch noch drauf, unten leider überbelichtet, muss beim Reinlegen passiert sein.


In einer Wohnsiedlung für Senioren (kein Seniorenheim) wohnt meinte Oma, ihr Zimmer ist das, mit den Pflanzen davor. Seit über 20 Jahren wohnt sie nun schon hier, inzwischen ist sie die letzte Überlebende im Gang, viele Nachbarn, geliebt oder nicht, hat sie schon verabschiedet.


Erst letzten Monat hat sich ihre Nachbarin, hinter der Tür in der Mitte, verabschiedet. Ihr Zeitungs-Abo lief noch weiter. Meine Oma nahm sich dann der Ausgaben an. Das ist einer eher pragmatische Art damit umzugehen, das ringsherum der Tod existiert.

Im September diesen Jahres zieht meine Oma um, quer über den Hof in eine neue Wohnung, da die alte saniert wird. Auch wenn sie über 20 Jahre hier lebte, sonderlich vermissen wird sie die Wohnung nicht.


Wenn wir meine Großmutter besuchen, fahren wir auch immer zum Familiengrab. Ob und wie ich mit denen, die dort liegen, verwandt bin, habe ich bis heut nicht verstanden. Als wir die Pflanzen auf dem Grab gießen kommt eine andere ältere Dame auf uns zu. Sie ist nun jeden Tag hier, seit ihr Sohn verstorben ist. Er erhielt die Diagnose Krebs und ein Jahr später wars vorbei. Die Dame kümmert sich auch um das Grab, das von meiner Oma gepflegt wurde. Das und die Geschichte von ihrem Sohn rührte meine Oma zu stillen Tränen.


Bei diesem Friedhofsbesuch erschien alles recht übersichtlich. Die Pachtverträge einiger Gräber sind ausgelaufen oder die letzten Verwandten sind verstorben. Grab und Grabstein werden dann entfernt und oberflächlich abgetragen. Drunter ist eh nur noch Erde und Staub.


Der Friedhof lag auf einem alten Gestüt mit kleinen Schloss und vielen Freiflächen für Pferde und Kühe, die das Treiben gegenüber friedlich beobachteten.


Wir fuhren dann noch etwas raus, ins endlose Grün der Felder. Nach einem Jahr in der Betonwüste Tokyo kannte ich das garnichtmehr, so weit zu gucken ohne irgendetwas künstliches zu sehen.


Meine kleine Oma staunte auch weit.


Und riesige Windräder, die die Landschaft dominieren und doch von jedem als normal empfunden werden. Japaner würden wahrscheinlich sehr staunen…


…ebenso auch über die weiten Getreidefelder.


Insgesamt war sie wieder recht froh, dass ich wieder da bin. Im Hintergrund ist übrigens ein Flachbildfernseher, der garnicht in das alte Ambiente passen will. Doch was soll man machen, ihr alter ging kaputt und heutzutage werden nur noch solche verkauft. Mit Sentimentalität kommt man da nicht weiter.

Kurze Sommerpause / Auf Wiedersehen

Die Seto-Inlandssee, kurz nach Sonnenaufgang

Es gibt einige Blogs über Japan, die von Leuten geschrieben wurden, die nur eine begrenzte Zeit hier waren. Auch wenn sie vor mehreren Jahren hier waren, ihre Blogs im Internet bleiben bestehen. Der letzte Eintrag lautet dann immer „Auf Wiedersehen“ – dass die Zeit in Japan zwar nun vorbei ist, der Blog aber weitergehen soll. Es bleibt dann allerdings auf Jahre bei diesem Eintrag, es folgt keiner mehr.

Ich will nicht, dass dieser Eintrag hier einer von eben diesen letzten Einträgen wird. Dieses Blog-Ding macht mir eigentlich viel Spaß und seitdem ich ihn habe sind mir viele positive Sachen im direkten Zusammenhang passiert. Es ist auch ne wunderbare Möglichkeit, mich auszudrücken und ein paar Bilder + Geschichten zu publizieren, wenn der zuständige Redakteur oder andere Auftraggeber die dann nicht abnehmen. Besser als sie ungelesen verschwinden zu lassen.

Ich schick den Blog jetzt aber erstmal in Sommerpause, morgen oder übermorgen gehts dann hoffentlich nach Kyushu, und irgendwann nächste Woche hoffentlich nach Berlin (die Sache mit dem Ticket ist immer noch nicht klar…).
Ich werde, wie erwähnt, noch eine lange Weile über Japan bloggen, ab und an zwar noch was aus Berlin mit einstreuen, aber irgendwann wirds dann komplett umgeschaltet. Aber, nun ja, der Blog war ja auch stets weniger über Japan und Tokyo, sondern über mein Leben hier. Wenn mein Leben woanders stattfindet, wird sich mein Blog auch mit etwas anderen beschäftigen. Es wird aber weiterhin um mein Leben, meine Bilder und meine Arbeit gehen. Wer das bisher interessant fand, der wird vielleicht auch weiterhin dabei bleiben.

In den letzten Tagen hatte ich, neben viel Arbeit und wenig Schlaf, auch etliche Verabschiedungsfeiern. Ich realisier das alles noch nicht so ganz, daher werd ich erst in zwei Wochen oder so wirklich traurig sein, meine Freunde und Tokyo verlassen zu haben. Interessanterweise sagen mir auch alle Freunde hier ein „Mata ne“, was eher ein saloppes „bis dann“/“bis bald“ ist, und viele sind auch der festen Überzeugung, dass ich wieder nach Tokyo komme.

Ich will es natürlich auch auf jeden Fall, in den Job und Karriere passt Tokyo sogar besser als Berlin. Doch schaun wa ma…

Erstma Sommerpause, Berlin, Ostsee, Uckermarck und Füße hoch!

Bis bald!


Dachgarten in Marunouchi