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„Foto! Foto! Foto!“

Am 11.1. war der Seijin no Hi (成人の日 (=“der Tag der jungen Menschen“)) , ein nationaler Feiertag in Japan, an dem alle 20 Jährigen des Landes in einer Zeremonie zu Erwachsenen erklärt werden. Die Mädchen tragen dabei hübsche Kimonos, die Jungs sehen aus wie kleine Yakuza – und Ausländer werden bei der Zeremonie nicht gern gesehen.

Die Antwort zu einem vorherigen Beitrag vorweg: Ich bleibe noch ein Weilchen in Tokyo! Der 11.1. wäre eigentlich mein Flugdatum gewesen und gleichzeitig auch der Zeitpunkt, an dem schon ein halbes Jahr Japan hinter mir liegt. Wie die Zeit vergeht…

Eine Japanerin meinte zu mir, als ich mit ihr über diesen Termin sprach, dass dort doch auch der Seijin no Hi stattfindet, an dem viele japanische Mädchen in hübsche Kimonos schlüpfen. Sie sagte noch mehr, auch etwas über Chancen und Möglichkeiten in Japan, doch bei „japanische Mädchen“ hatte sie mich schon überzeugt.

Eine junge Dame, bekannt aus diesem und diesem Beitrag lud mich dann auch zu den Feierlichkeiten zu ihrem Seijin no Hi in Kawasaki ein. Der Andrang war gewaltig.

Über 8.000 Jugendliche aus ganz Kawasaki, die zwischen April des letzten Jahres und dem April diesen Jahres 20 wurden bzw. noch werden, fanden sich in festlicher Kleidung zusammen.
Den Ort zu finden war dabei nicht schwer, ich musste nur den Mädels im Kimono und dem kilometerlangen Stau mit gestressten Eltern und verkleideten Kindern auf der Rückbank folgen.

Das Schuljahr beginnt in Japan im Frühjahr, und so stammen alle Jugendlichen, die an diesem Tag gefeiert werden, aus demselben Schuljahrgang. Viele gingen zusammen zur High School, Junior High, Grundschule oder sogar Kindergarten. Es war eine große Wiedersehensfeier.

Die Jungs trugen dabei entweder einen westlichen Anzug, oder einen dunklen Kimono, der sie eher wie Samurai oder kleine Yakuza aussehen ließ.


(man achte auf die Tatoos vom Hintermann….)

Die Mädels trugen dabei einen bunten und den Wintergraden angepasster, vom Stoff etwas dickeren Kimono, genannt Furisode. Dieser ist schweineteuer, und viele können sich den nur leisten, in dem sie ihn eben für diesen einen Tag ausleihen – und selbst da sind die Kosten sehr hoch. Dementsprechend gerne zeigt man ihn dann vor und lässt sich vielfach ablichten.

Ich suchte nun eben die Dame, die mich hierzu eingeladen hatte. Mein Telefon machte allerdings Spirenzchen, sodass ich sie nicht kontaktieren konnte. Ich dachte, ich find sie bestimmt in der Masse. In der Masse von hübschen Mädchen und kleinen Gangstern.

Nach einer Stunde Suchen gab ich auf und beschloss, in die Halle hinein zu gehen. Man fragte mich nach einer Einladung, die ich nicht hatte. Ich konnte nur erklären, dass ein Freund von mir drinnen ist. Ich musste meinen Namen und meine Adresse angeben (wobei für Adresse in dem Fall nur „Tokyo“ gereicht hatte). Drinnen entfaltete sich eine riesige Halle mit Platz für mehrere tausend Leute.

Da die Hälfte der Leute noch draußen stand um ihr Wiedersehen zu feiern, war es drinnen überschaubar. Auf der Bühne saßen etliche Vertreter der lokalen Politiker, die nach und nach vorgestellt wurden und eine kleine Ansprache an die Jugendlichen hielten.

Die ganze Zeremonie soll sie auf die Pflichten im Leben eines Erwachsenen vorbereiten. Viele interessierte das, was die da oben erzählten, allerdings nicht sonderlich.

Man vertiefte sich lieber im mitgebrachten Manga…

…oder beschäftigt sich lieber mit dem Handy.

Mit 20 Jahren darf man in Japan Rauchen, wählen gehen und Alkohol trinken. Von letzterem Recht haben an dem Tag auch viele Jungs Gebrauch gemacht, und so auch andernorts bewiesen, dass sie eben noch nicht erwachsen sind.

Die dunkle Halle wurde oft von Gegröhle unterbrochen, das nur mit Schwierigkeiten unterbunden werden konnte. Einige waren auch viel zu cool um sich davon stören zu lassen.


(Sonnenbrille muss sein, auch in einer dunklen Halle)

Dieser Seijin no Hi ist vielleicht allenfalls vergleichbar mit der deutschen Jugendweihe, wenngleich die auch schon mit 14 Jahren stattfindet. Jedoch ist in Japan der lokale Bezug sehr viel stärker. Lokale Politiker gratulieren den jungen Erwachsenen und es wurde auch ein Film gezeigt, in der Leute auf der Straße ihre Glückwünsche in die Kamera sprachen. Zwischendurch wurden auch die letzten 20 Jahre in der Region betrachtet, welche wichtigen Ereignisse stattfanden oder Gebäude gebaut wurden, in der Zeit, in der die Jugendlichen auf der Welt sind.

Die Kamera immer drauf.

Salarymen in spe.

Nach dem offiziellen Programm trat dann noch eine Band auf. Die Halle füllte sich auf einmal sehr stark und alle drängten laut zur Bühne. Die Band wird wohl bekannt gewesen sein (vermutlich aus Osaka…?) doch ich hab den Namen nicht verstanden.

Die Dame, die mich eingeladen hatte, hatte ich zu dem Zeitpunkt übrigens immer noch nicht gefunden. Man betrachtete mich schon argwöhnisch. Denn bis auf die jungen Erwachsenen waren eigentlich keine Gäste erlaubt, nicht einmal die Eltern waren anwesend. Was denn der Ausländer mit der Kamera hier macht? Wird bestimmt ein Terrorist sein…
Einer von der Security fragte mich dann, ob ich zum Staff gehöre. Ich stammelte nur, dass meine Freundin hier irgendwo sitzt und das reichte ihm dann.
Ein anderer Futzi nahm das ganze etwas ernster, kam dann auf mich zu und signalisierte, dass Fotos machen verboten ist – während alle Japaner um mich herum mit Komptaktknipse und Kamera-Handy hantierten.

Ich steckte die Kamera dann erstmal weg und wollte warten, bis er abhaut. Doch er verfolgte mich unauffällig auf Schritt und Tritt. Irgendwann konnte ich ihn dann in der Menschenmenge abschütteln. Mein blondes Haar konnte man in der Dunkelheit zum Glück kaum vom glänzenden schwarzen Haaren unterscheiden…

Die Band heizte gut ein. Das Publikum war angetan.

Nur Tanzen konnte man in den Kleidern echt nicht.

Als die Musik aus war, drängte alles nach draußen. Ich hatte gehofft nun im Licht und der lichter werdenden Menge besagte Freundin entdecken zu können, doch Pustekuchen.

Draußen staute sich dann wieder alles:

Ich gab nun jede Hoffnung auf, in dieser Menschenmenge jemals diese eine Japanerin zu finden, die mich eingeladen hat.

Auf einmal ruft jemand meinen Namen von links.

Gleich drei Mädels kommen lächelnd auf mich zu. Es war besagt junge Dame mit ihren zwei Freundinnen, wunderschön im Furisode und mit Blume im Haar.

Ich hatte mich gefreut sie endlich getroffen zu haben und ein paar offene Fragen zur Veranstaltung beantwortet zu kriegen. Doch sie eilten fix voran, es mussten ja noch ehemalige Klassenkameradinnen getroffen (und der blonde Ausländer vorgestellt) werden.

Als dann der Satz fiel „…. er ist aus Deutschland und Fotograf“ kamen sie aus dem Staunen nicht mehr raus. Mit einem Mal hatte ich dann aber fünf Kameras in der Hand, mit der Bitte, von allen ein Foto zu machen. Und mit den Mädels da drüben auch. Und hier die auch noch. „Foto! Foto! Foto!“

Auch gegenseitig wurde zur Kamera gegriffen um den Moment, diesen Tag und vorallem diese Kleider festzuhalten.

Die Jungs zogen es dann aber vor, noch einmal einen auf King Kong zu machen, laut zu gröhlen und eine Botschaft zu verkünden (was immer die auch war…)

Man achte auf den Sicherheitsfutzi….

Die Damen mussten dann schnell weiter, die Familie wartete bereits. Andere machten sich auch fix auf den Weg nach hause – immer in eleganten Tippelschritten, was anderes it mit diesen Zōri Sandalen auch nicht möglich…

Für die Berliner Zeitung habe ich einen Artikel über den Seijin no Hi geschrieben, der ist heute in Berlin erschienen. Online gibts ihn hier:

Berliner Zeitung vom 18.01.2010
Link:
Erwachsenwerden auf Japanisch

Gesamt eine runde Veranstaltung, auch wenn ich danach erst einmal wieder Bilder von hässlichen Männern anschauen musste, das war an dem Tag einfach ein Kawaii-Overkill…

Ein Spaziergang durch die Bambuswälder von Hakone

Nach dem Besuch im Fujiya Hotel sind wir noch ein weniger weiter durch Hakone geschlendert. Der Herbst fing gerade erst an und alles war noch kräftig grün. In den kalten Tagen, wo tote Bäume draußen im Winde frieren, tun ein paar Natur-Impressionen mal ganz gut.

Die Zugstrecke zum Fujiya führt mit einer kleinen Bahn mitten durch die Berge und Wälder von Hakone. Aus dem Fenster kann man grüne Schluchten, kleine Holzbrücken und leere Täler überblicken.
Dabei fährt der Zug immer im Zick-Zack Kurs den Berg hinauf, zuerst den einen hoch, dann wieder runter, und den anderen Berg hoch, zu einer noch höheren Lage – und dann wieder etwas runter um einen noch höheren Berg hochzufahren.


Quelle: mappery.com/Hakone

Ein paar Stationen hinter dem Fujiya war eine kleine Station in den Bergen, ohne Zug-Futzi oder Automaten. Als wir rausgingen, kam der Zugführer hinaus und kontrollierte unsere Tickets. Bei mir reichte ein Blick auf meine Suica, die ich allerdings nirgendswo mehr entwertet hatte. Ein Ausstieg kam also relativ günstig.

Auf dem Bahnsteig war auch ein kleiner Schrein, von dem ich seltsamerweise kein Foto gemacht habe…? Jedenfalls war da ein Lampion mit einem RIESIGEN Hakenkreuz drauf. Es war, nunja, komisch, für einen Deutschen.

Der Bahnsteig war zwischen zwei Tunnel gelegen. Das eine Ende vom Bahnsteig war ein Tunnel, das andere auch. Es gab nur einen Ausgang, rechts, ins Grüne, den wir dann auch gingen.

Die Sonne ging langsam unter und tauchte alles in ein warmes Licht. Alles war grün und sprühte nur so vor Leben und Begeisterung die letzten Strahlen der Sonne an diesem Tag zu empfangen. Entlang des Weges, mit kräftigen Grün zur Linken und zur Rechten, waren auch kleine Häuser verteilt, die sich auf die wenigen Touristen stürzten, die hier vorbeikamen. Und auch eine einsame Vending Machine wartete in den Wäldern:

Durch die Baumkronen konnte man schon den Bergfluss erkennen, den man schon vom Zug in den Tälern hat fließen sehen.

Unten am Fluß war auch ein kleines, nunja, „Dorf“, was allerdings eher aus einer Straße und Gasthäusern entlang dieser Straße bestand.

Auf der anderen Seite vom Fluß, abseits der Hotels, war ein kleiner Weg durch einen Bambus-Wald, den ich so noch nie zuvor gesehen habe.

Das Header-Bild vom Blog kommt auch aus diesem Wald:


(hier in größer)

Tokyobling hatte jüngst erst einen Eintrag zu Bambuswälder. Der Autor hatte das Glück dabei zu sein, als ein kräftiger Wind die einzelnen Baumstamme aneinander schlagen ließ und sie so durch ihren hohlen Körper ein gewaltiges Konzert spielten.

Nach dem Spaziergang wollten wir eventuell noch einen Abend mehr in Hakone verbringen, vielleicht zum Ashinoko runter, der auch oben in der Karte zu sehen ist. Doch nach dem Abenteuer in Fujiya waren wir ziemlich müde und hatten für ein Wochenendtrip schon viel gesehen. Meine Speicherkarte war auch zum Bersten voll und hätte kaum noch mehr Impressionen abgreifen können.

Übrigens, ein Nachtrag zum Fujiya: Das Hotel zeigte sich von den Fotos wenig begeistert, ohne genauer drauf einzugehen, was nun das Problem war. Das metropolis magazine war ebenso wenig begeistert, was zwei Sachen bedeutete: Zum Einen wurde die Geschichte in der Zeitung von einer ganzen Seite auf eine Viertel-Seite gekürzt, was mich und das Hotel sehr enttäuscht hat. Zum Anderen war dies das allererste Mal, dass ein Auftraggeber nicht zufrieden mit meinen Bildern war. Das kratzt natürlich an der Berufsehre.

Das Fujiya reagierte zunächst verärgert, dann aber enttäuscht. Ich denke verärgert waren sie mehr, weil der Abdruck länger auf sich warten ließ als angekündigt. Dann waren sie mehr enttäuscht, allerdings nur weil von den 200 Fotos die ich dem metropolis gab es nur eins in den Artikel schaffte, mit dem das Fujiya nicht einverstanden war und das metropolis dieses auch nicht ändern konnte oder wollte.
Das metropolis war enttäuscht, weil die Bilder, die ich ihnen gab, nicht das waren, was sie wollten. Sie wollten eher was ruhiges, langweiliges. Ich aber habe mehr fotografiert, wie es mir gefiel, habe Sachen in Szene gesetzt und es grundlegend etwas dynamischer gestaltet. Das war nicht, wonach sie suchten. Allerdings sagten sie mir vorher auch nicht, was für Bilder sie haben wollen.
Am Ende waren alle enttäuscht, und Schuld hat natürlich der Fotograf.

Ich hab zwar eine Nacht in einem Luxushotel verbracht, und kann diese Geschichte erzählen, doch es war mehr Arbeit als Erholung und ich habe viel Energie in Nichts investiert.
Ich hoffe, ich kann die Geschichte über das Fujiya mal für eine deutsche Zeitung aufarbeiten, dann war es nicht ganz umsonst. Das hat dann auch das Fujiya verstanden und zeigte sich weniger verärgert.

Die erste verärgter Mail vom Fujiya kam von dem einzigen Amerikaner, der dort arbeitet. Dieser ist allerdings nicht der Chef oder Pressefutzi, sondern eben nur Angestellter. Er wird allerdings von seinem Chef und/oder dem Pressefutzi Druck bekommen haben, mal bei mir nachzufragen, und hat versucht diesen Druck bei mir abzulagern. Nachdem das alles geklärt war, wurde der Kontakt wieder so freundlich, wie er zu Beginn war.

Doch was lernen wir daraus? Wenn irgend jemand oben eine Entscheidung fällt, mit der Andere nicht einverstanden sind, müssen es die unten eben aubaden.

Das Leben ist wie ein Bambuswald: Vieles was hohl ist, wächst meterhoch und klaut oben die Sonnenstrahlen für die unten, die alles nehmen müssen, was von oben kommt…

Japanische Häuser sind nicht feuerfest

An dieser Stelle nutze ich mal die Gelegenheit um mal einen anderen Blog zu bewerben, etwas über den Zivildienst in Japan zu berichten und auch um nen kleinen Schlag aus meiner Jugend zu erzählen. Ja, ist das nicht herlich.

Der Blog japan.zivis.de ist ein noch recht junger Blog, von einem jungen deutschen Zivi in Tokyo. Er soll, neben den Ereignisse rund um seinen Zivi in Japan, auch ein bisschen über Freiwilligendienste und Zivildienst in Japan allgemein informieren.

Ich hatte damals, vor dem Abitur, auch versucht meinen Zivi in Japan zu machen. Ein Zivildienst im Ausland heisst offiziell „Anderer Dienst im Ausland„. Man bewirbt sich dabei nicht direkt bei einer Stelle, sonder bei einem Trägerverein, die einen dann vermitteln – und dabei auch nicht unbedingt an das Wunschland. Es gibt eine feste Liste an Trägervereinen (die man hier auf der Website des Bundesamt für Zivildienst einsehen kann), und für die Hälfte der Vereine muss man anerkannter Christ sein (!), da man einen Schein von seinem Pastor vorlegen muss.
Die meisten Vereine stehen auch unter dem größten Dachverein Aktion Sühnezeichen e.v (ASF), die sich in gesamt Europa um Friedensdienste bemühen. Die lokalen Projekte stehen oft in Zusammenhang mit Kriegsverbrechen von Deutschland in der NS-Zeit. Als junger Deutscher kann man so seinen Teil zur Wiedergutmachung leisten bzw. zur Vergangenheitsbewältigung. Da man selbst direkt nichts mit den geschehenen Ereignissen zu tun hat, ist es auch ein guter Weg, sich mit dieser deutschen Geschichte auseinander zu setzen.

Mein Bruder hatte damals einen Zivi im Ausland gemacht, auch bei ASF. Er wollte ursprünglich nach Israel, allerdings war dort kein Platz frei, ihm wurde Russland angeboten und er schlug zu. Für 18 Monate war er in dann Nowgorod Deutschlehrer-Assistenz. Nach der Zeit ist er dann mit der transsibirischen Eisenbahn nach China.


Quelle: legendtour.ru

Ich war zwar erst 8-10 Jahre alt, als er weg war, jedoch hab ich schon mitbekommen, wie ihn das nachhaltig beeinflusst hat. Er ist jetzt Fernsehjournalist und oft in Russland und den ehemaligen Sowjetstaaten unterwegs, das gilt auch als seine Spezialität bei den Sendern.
Wegen dieser tiefbleibenden Eindrücken stand schon früh für mich fest, ich mache meinen Zivi auch im Ausland.

(In der 11. Klasse hatten wir in der Schule mal einen Projekttag zum Thema „Leben nach dem Abitur“. Ich war in der Gruppe „Zivildienst“ und habe einen 10 minütigen Film zum Thema gedreht, genannt „Der blutige Pfad zum Zivi“. Es war mein erster Film und führte dann zu einer weiteren Reihe von Ereignissen die mein Leben stark prägten… den Film habe ich leider nur auf einer Festplatte in Deutschland, sonst hät ich ihn verlinkt, obwohl er wirklich sehr, sehr schlecht ist 😉 )

Im letzten Schuljahr habe ich dann einen Japanisch-Kurs belegt, bei der Volkshochschule unter Saki Matsuda. Ich hatte mich schon länger mit Büchern mit der Sprache beschäftigt, doch noch nie in einem Unterricht gelernt. Zuerst der Anfänger- und danach dann Intensiv-Kurs. Letzterer war mit drei Leuten immer recht überschaubar. Insgesamt für 7 Monate habe ich den Kurs besucht, neben Abi-Stress, Redaktionsleitung Abi-Jahrbuch, Schülerzeitung und Filmfest – es war alles etwas viel in dem Jahr und jedes Projekt litt unter der Gesamtheit an Projekten. So auch mein Japanisch.

Ich bewarb mich dann beim einzigen Trägerverein, der einen Zivi in Japan anbietet, dem Deutsch-Japanischen-Friedensforum e.v.. Praktischerweise saßen die auch in Berlin und ich musste nicht, wie andere Mitbewerber, eine lange Anfahrtszeit auf mich nehmen. Die Auswahlgespräche fanden dabei an einem Wochenende statt. Es wurden Sprachkenntnisse und soziale Kompetenz getestet. Dabei kamen in dem Jahr 40 Leute auf etwas mehr als 10 Stellen, der Druck war recht groß.

Einen Zivildienst im Ausland muss übrigens selbst finanziert werden. Dazu sucht man sich einen Spendenkreis, die monatlich gewisse Pakete spenden, ein Paket ist dabei 10€ und insgesamt sollen es monatlich 200€ sein. Damit wird dann Versicherung, Unterkunft und etwas „Taschengeld“ bezahlt. Vom Staat gibts auch was, aber nicht viel. Zivildienst im Ausland ist halt dann eben doch irgendwo schon „Luxus“ – auch wenn man sich diese Projekte wirklich leisten sollte.


Mein Ziviausweis, es ist zwar kein Kaffee, den ich drüber verschüttet habe, aber irgendwas hab ich drüber verschüttet…

Um es kurz zu machen: Ich wurde nicht genommen. Größtenteil weil ich im Sprachtest versagt hatte. Zwischen dem Casting und Zivibeginn lagen noch 8 Monate (!), genug Zeit um sich intensiver auf das Land und die Sprache vorzubereiten, meiner Ansicht nach.
Mit mir bewarben sich auch Leute, die schon ein Jahr in Japan waren (zum Schüleraustausch), oder schon seit vielen Jahren Japanisch lernten. Der Grund, warum sie nach Japan wollten war oft, und das kann ich ruhig wörtlich zitieren, weil es „einfach“ ist. Schließlich kannten sie die Sprache ja schon.

Ich war niedergeschlagen von der Absage, bin aber Rückblickend dann doch glücklicher. So bin ich zwar erst zwei Jahre später nach Japan, doch ich bin hier nicht an eine feste Stelle gebunden, sondern freier mit der Verteilung meiner Zeit. Auch kann ich jetzt in Tokyo als Fotograf arbeiten, was sehr spannend ist.
Der Autor von japan.zivis.de hatte sich auch beim Deutsch-Japanischen-Friedensforum beworben und wurde, trotz sehr guter Japanischkenntnisse, abgelehnt, aus Gründen die ich persönlich für verwerflich und abstoßend halte (und eigentlich noch mehr, nur mir gehen die jugendfreien Worte aus), in Rücksprache mit dem Autor aber nicht öffentlich machen möchte. Er war übrigens auch „glücklicher“ mit der Absage, da er sich so selbst alles zusammensuchen konnte.
Denn diese Möglichkeit, sich selbst ein Projekt zu suchen und den Papierkram zu erledigen, gibt es auch für einen Anderen Dienst im Ausland. Er ist nur ungleich schwerer, ja sogar fast unmöglich wenn man der Sprache des anderen Landes nicht mächtig ist. Doch ich finde das zeigt sehr schön, wie wichtig es ihm war, diesen Friedensdienst zu leisten und auch andere Interessierte darüber zu informieren.

Da ich persönlich nach der Absage in Deutschland bleiben musste, konnte ich auch das Filmfest weiterführen, für dass ich dann im letzten Jahr auch eine Auszeichnung in einem nationalen Kunstprojekte-Wettbewerb erhalten habe. Das hat mich auch gelehrt, dass wenn eine Sache nicht funktioniert, auf die man gehofft hat, es doch am Ende viel mehr Möglichkeiten gibt, die vielleicht sogar besser sind.

So, wie komm ich zum Titel des Eintrags? Nun…


Quelle: japan.zivis.de

Im neuesten Eintrag von japan.zivis.de beschreibt der Autor, wie das Haus, in dem er noch eine Woche zuvor gewohnt hat, völlig ausgebrannt ist.
Es war ein Shared House/Gasthaus, ähnlich wie dem, in dem ich ab dem 1.2. wohnen werde. Da kommt man schonmal ins Grübeln: Was, wenn dir sowas passiert?
Ich will es mir garnicht ausmalen… Wenn meine Kamera oder mein Computer verbrennt, wär ich auf einen Schlag arbeitslos – abgesehen von all den Fotos, die digital mit in Rauch aufgehen würde. Meine Existenz und ein Teil von mir würde damit unwiederruflich zerstört sein. Furchtbare Vorstellung.

Um den ganzen noch ne positive Wendung zum Ende des Artikels zu geben, hier mal eine kleine Anekdote von meinem Zivi in Deutschland:


Boden der Küche, den wir 1-2 die Woche schrubbten. Auch beliebte „He Zivi, mach ma!“-Forderung

Ich habe meinen Zivi im Kindergarten Alegria gemacht, einem deutsch-spanisch-englischen Kindergarten, mit internationalen Erziehern, viele dabei aus Südamerika. Ich stand dabei in der Küche mit zwei kochenden Kubanern, die kaum Deutsch konnten und ich null Spanisch. Es war aber eigentlich recht amüsant und die Kids waren süß.
Es war aber auch sehr anstrengend und teilweise erniedrigend. Laut Kita Hierarchie stand ich als Zivi noch unter den Kindern, und viele frustrierte Erzieherinnen, die den ganzen Tag die Schreie der Kinder ertragen musste, ließen ihren Frust an mir aus. Ich hab mir das selten gefallen lassen, auch wenn mir oft mit den Feldjägern gedroht wurde 😉

Zur Kita gehörten drei Einrichtungen in Berlin, in der ich rumgereicht wurde, je nach Bedarf. In einer Kita stand ich dann mal mit einerm Liberianer in der Küche. Die Kita war dabei klein und es war alles recht entspannt. An einem der Tage wo ich da war, fand eine Feuerübung statt. Alle sollten raus, auch die Küchenmitarbeiter, obwohl wir in einer halben Stunde Mittag servieren sollten. Wir ließen also den Herd an und gingen raus.
Draußen stand die Oberchefin der Kita, die selten da war, aber sich oft mit den Leistungen der Kita brüstete und mir am meisten mit den Feldjägern drohte, wenn sie mich nicht gerade für eigenständiges Denken oder Kritik an meiner Behandlung und Arbeit zurecht stutzte.

Wir standen nun also draußen, die Kinder ziemlich verwirrt, ebenso wie ich. Denn der einzige Ort, an dem in diesen Haus ein Feuer ausbrechen könnte, war definitiv die Küche, die wir soeben allesamt verlassen haben, mit der Kochplatte immer noch aktiv. Das das nicht so clever war, sagte ich der Oberchefin, doch die reagierte nur genervt. Es wäre nicht in meiner Position sie zu kritisieren (oder nachzudenken) und ich sollte wieder in die Küche.

Ob die Kita immernoch steht, ob ein ungelernter Zivi am Nachmittag, wenn die Köche weg sind, nach wie vor allein für 200 Kinder verantwortlich ist, ob es inzwischen mehr Gerichte als die 12 gibt, die einmal im Monat rauf- und runtergekocht werden oder ob die Kubaner endlich Deutsch gelernt haben – ich weiss es nicht. Ich weiß nur, dass mir der Koch damals eine DVD geliehen hat, die ich immer noch nicht zurück gegeben habe. Nach meiner Rückkehr werd ich mal vorbeikommen und von meiner Reise in das Land berichten, von dem ich während des Zivis immer erzählt habe, und von dem ich in ruhigen Momenten geträumt habe und auch von dem Zeitpunkt, in den ich diese enge und teilweise erniedrigende Arbeit verlassen kann. Denn mit dem Zivi hab ich mir auch das Startkapital für Japan verdient. Tagsüber war ich in der Küche und am Abend dann als Fotograf unterwegs. Danach bin ich dann meist völlig kaputt ins Bett gefallen, aber es war absolut wichtig, bei so einer repetitiven und monoten Arbeit den Geist mit kreativen Aufgaben wach zu halten.


Kleines Experiment aus dem Küchenfenster heraus… Bild größer: hier

Die Hierarchien in Japan sind zwar nicht unbedingt freier, aber dafür ist meine Position als internationaler Fotograf deutlich besser, als die eines langhaarigen Zivis in dreckigen (da nur alle 2 Wochen von der Dienststelle gereinigten) Küchenklamotten.

->Weblink:
japan.zivis.de