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Große Köpfe in Bewegung – die Anime Fair 2010

Vom 25. – 29.03.2010 fand die international Anime Fair in Tokyo Big Sight statt, die größte Messe für Anime weltweit. Auch wenn das Ganze betont international war, waren natürlich 90% der Aussteller aus Japan. Man konnte sich über Neuentwicklungen und -erscheinungen informieren, handeln und natürlich Anime schauen. Ich war als Presse-Vertreter dort und dementsprechend Jagdobjekt eines jeden Ausstellers, die mir alle Infos und Kram in die Hand drückten. Große Köpfe, große Augen, viele kleine Mädchen – und alles in Bewegung.

Doraemon

Das ich ein Fan japanischer Popkultur bin, konnte man ja bereits mehrmals hier lesen. Auch wenn mich der japanische Anime der letzte Jahre nicht sonderlich begeistern konnte, und ich persönlich Manga auch mehr schätze als Anime. Trotzdem war es Grund genug, sich auf den weiten Weg nach Odaiba zu machen – auch weil sich vielleicht ein paar interessante Geschichten finden lassen.

Also mit dem automatischen Laufband rein in die Big Sight

Drinnen wollte ich eigentlich noch jemanden treffen, einen Klienten, der sich wissenschaftlich mit Anime und Manga auseinandersetzt. Ich hatte allerdings etwas verschlafen und hab ihn knapp verpasst.
Als Vertreter der Presse hatte ich das Privileg an einem der beiden Business-Tage die Messe zu besuchen. An den Tagen, wo es fürs allgemeine Volk geöffnet ist, muss man mehrere Stunden Wartezeit in Kauf nehmen und drinnen gibt es dann kein Treten mehr.

Die Messe findet in einer riesigen Halle statt, an deren Decke mehrere übergroßer, aufgeblasener Anime-Figuren hingen. Wer von aufgeblasen Figuren auf die Qualität der Anime schließt, aus der sie stammen, ist meiner Ansicht nach nicht so verkehrt…


Von links nach rechts: Conan, der Hintern von Pikachu und natürlich Ghibli’s Totoro

Die Anime Messe läuft so ab, wie jede andere Messe: Produzenten, Distribuenten, Zweitverwerter und Ausbildungsanbieter stellen sich und ihre Entwicklungen vor, kommen ins Gespräch, handeln Deals aus und versuchen die Presse zu becircen.
Ich konnte keine 5 Meter laufen ohne nicht irgendwelchen Kram in die Hand gedrückt zu bekommen, oder ständig von freundlichen Damen oder Herren in ihren Stand gezerrt zu werden. Oft schützte noch die Sprachbarriere, aber je länger die Messe dauerte, desto ungehemmter wurden die Damen und Herren noch ihren Kram loszuwerden. Einige lauerten mir sogar auf. Ich scherze nicht, sie stellten sich mir direkt in Weg, weil ich grad woanders hinschaute, und ich rammte sie fast.


Heroman

Vorabscreenings von Anime-Filmen und -Serien, die dieses Jahr erscheinen, erfreuten sich großer Beliebtheit.

So ziemlich alle Anime-Studios waren am Start:

Ghibli natürlich auch, die sehr stark ihren neuen Film bewarben ‚The Borrower Arriety

Daneben lief auch schon der Titelsong, den ich einfach nur wunderschön finde:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=U4twFqFxF9k&hl=de_DE&fs=1&]

Auf youtube gibts leider nur ne 1:35min Version des über 3min Songs. Den ganzen Song kann man schon auf iTunes für 200yen kaufen – allerdings nur mit einem japanischen iTunes-Store-Account – den ich nicht habe!!

Ich wollte dann meine Lieblings-Anime Studios abklappern. Darunter das Studio 4°C, die einen absolut kleinen Stand hatten, nur(!) ihren letzten Film bewarben und etwas Merchandising anboten. Ich als Pressevertreter bekam aber gleich zwei dicke DinA3 Bücher zum Studio und ihrem letzen Projekt- inkl. Artworks, Produktionsskizzen, Interviews mit Regisseuren und Animatoren. Und das hat mir echt den Tag versüßt und den ganzen Besuch lohnenswert gemacht.


Aus der Kurzfilmsammlung „Genius Party„, (C) Studio 4°C

Studio 4°C ist nicht gerade sehr Mainstream, sie fahren einen sehr individuellen Stil was Animation, Stories und Storytelling angeht. International sind sie sehr geschätzt, so wurden sie zum Beispiel von den Wachoswky Brüder angeheuert um Teile von Animatrix zu zeichnen. In Japan selbst sind sie nicht so populär, vielleicht gerade weil sie etwas anders sind.
Für alle die mal etwas von Studio 4°C sehen wollen empfehle ich sehr stark Noiseman Sound Insect – ein 15minütiger Kurzfilm, über die Schönheit und Bedeutung von Musik für die Seele. Allerdings sehr abstrakt und fast schon zu schnell erzählt, als ob man die Handlung von nem 90min Film in 15min erzählt. Ich find ihn allerdings sehr großartig und hab ihn bis heute über 20mal gesehen.


Quelle: 87n.com

-> Weblink: Noiseman Sound Insect – online Video

Ich bin dann noch die anderen Anime-Studios abgegangen, die mich in der Vergangenheit begeistert haben. Doch die Stände von Madhouse, Sunrise und Bones waren einfach nur enttäuschend. Sunrise, die uns das geniale Cowboy Bebop brachten, zeigten diesmal nur eine Art SuperDeformedmoeGundam. Madhouse ruhte sich auf dem genialen, jedoch bereits vergangenen Erfolg „Summer Wars“ aus. Bones hatte sich 4-6 Anime-Zeichnungen an die Wand gehängt und schaute gelangweilt umher. Und GAINAX war gar nicht erst vertreten.

All die großen Studios betonten, was für cooles Zeug sie früher mal gemacht haben, ohne selbst innovatives Neues zu zeigen. Bei dem, was gezeigt wurde, hatte ich eher den Eindruck, das alles so, oder so ähnlich, bereits mehrmals gesehen zu haben. Der moe Trend, alles etwas süßer zu machen, war sichtlich, aber nicht ganz so extrem und dramatisch wie viele es prophezeiten.
Über moe kann man geteilter Meinung sein, bereits erwähnter Klient schreibt gerade ein Buch darüber. Einige sagen, es ist das Ende vom japanischen Anime. Auch wenn ich das nicht so sehe, so sehe ich doch heutzutage eine stärkere Fokussierung auf optische Attraktion. Zweifelsohne war die immer da, aber in den letzten Jahren ging sie immer mehr auf Kosten der Story und des Inhalts.

Ein Beispiel dafür hier ist dies hier von der Messe:

Das hier ist Trigun. Trigun ist ein Anime über und mit einem blonden Revolvermann, der alles tut um es zu vermeiden, mit einer Waffe zu schießen („Die Patronen kosten soviel Geld!“). So oder so, er ist ne verdammt coole Sau. Vor ein paar Jahren wurde er noch so dargestellt:

Vergleicht man nun beide Bilder fallen die Unterschiede auf.
Oben das Foto stammt von der Ankündigung des neuen Trigun Films. Der Anime endete zwar vor mehreren Jahren, doch das ist kein Grund nicht noch etwas mehr Geld aus der Lizenz zu pressen. Wenn der Film unterhaltsam ist, soll es mir recht sein.

Eine der größten Überraschungen der Anime Fair war für mich das hier:

Ein Stand von der Sendung mit der Maus.

Ich wusste nicht, dass die hier in Japan animiert wird, doch die Dame am Stand bestätigte es mir nochmal. Sie war zudem sehr begeistert, dass ich aus Deutschland komme.

Die Maus, bzw. マウス („mawasu„) ist auch hier sehr beliebt, ich empfehle einen Besuch auf der japanischen Website.

Ich erinnere mich an eine Episode der Sendung mit der Maus die in Japan spielte, wo der geniale Ralph Caspers in Tokyo war, eine japanische Grundschule besuchte und die japanische Schrift erklärte. Ob die bei dem Besuch auch gleichzeitig die Animation der Zeichentrick-Sequenzen nach Japan outgesourct haben….?

Weitere Impressionen:


Keine Ahnung was das war, aber es war cool und hatte nen eigenen Sicherheitsfutzi


Ein Anime mit nem Schaf, für Kinder. Fand große Begeisterung


Messebabes

Eigentlich mieten die Studios, Sender und Produzenten immer Models und Idols, die dann Infos aushändigen oder Cosplayen. War dieses Jahr aber weniger als letztes Jahr, so sagte man mir.

Dann baten mich vier(!) Mädels im Gothic-Lolita Look ein Foto vom Maskottchen der Firma zu machen.

Mit so einem Maskottchen muss man sich um Kunden keine Sorgen machen…

Das morbide Hangry & Angry basiert auf nem Pop-Duo, dient aber größtenteils dazu Merchandising und Kram zu verkaufen. Allerdings ne sehr coole Website haben sie.

Es gab auch viele angebotene Möglichkeiten Anime zu studieren, viele Schulen stellten sich vor:

Die Tokyo School of Animation hatte dabei Postkarten verschenkt, gestaltet von ihren Schülern, jeweils passend zu einem Monat im Jahr:

Wirklich inspirierend fand ich die Creators World, eine Ecke auf der Messe, weit weg vom Mainstream (stilistisch und geographisch), die für junge, individuelle Künstler reserviert war.

Eine Instititution, die schon seit mehreren Jahre junge Talente vorstellt. Aber dabei wirds wohl auch bleiben, wenn man sich anschaut, was die großen Studios derzeit produzieren. Die würden sich niemals auf ein Experiment einlassen und etwas Ungewöhnliches kostenintensiv produzieren lassen. Marktwirtschaftlich macht das durchaus Sinn, aber auf lange Sicht sind Neuentwicklung echt nötig.

Am meisten begeistert hat mich er hier:

Takahashi Koya ist einfach… nun… schwer zu beschreiben, aber sehenswert. Eben ganz anders.

Und dann war da noch:

Kopffüssler.
Da waren tatsächlich Menschen drin, die allerdings nicht größer als 1.5m sein konnten.

Beim Publikum waren sie sehr beliebt.

Nachvollziehbar.

Wie die sich mit ihren Stummelbeinchen fortbewegten war einfach nur lustig. Ich hab versucht ein paar Animationen zu machen, um das darzustellen:

Danach dann wieder mit dem Laufband aus der Big Sight raus…

…und insgesamt 2 Stunden für den Weg nachhause gebraucht, weil ich den falschen Zug genommen hatte -.-

Mein Fazit:

Gesamt war ich etwas enttäuscht, aber solange es immernoch junge Talente und Studios wie 4°C gibt, ist die Hoffnung für den japanischen Anime nicht ganz verloren. Das zweitgrößte Land, das dort vertreten war, war China, die sind also auch im Kommen.
Ich hoffe, die Studios haben sich selbst mal ihr Programm angeschaut, also ihren alten Erfolge, und überlegt was sie so gut machte.

Sicherlich kann man auch dagegen argumentieren, dass die auch nur produzieren, was der Markt will. Und der Markt ist anscheinend mit schon-gesehenen Geschichten und großen moe-Augen zufrieden. Aber irgendwann ist der moe-Drops auch gelutscht und der Markt will neue Geschmäcker entdecken. Wenn dann der exotische Geschmack aus China oder Korea dem Markt besser schmeckt, ists zu spät. Aber das führt jetzt an dieser Stelle auch zu weit 😉

Ich empfehle dann das Buch meines Klienten, wird Sommer/Herbst diesen Jahres erscheinen und viele Fotos von mir beinhalten.

Japanik

Nach meiner Landung habe ich angefangen meine Gedanken, Beobachtungen und Gefühle aufzuschreiben, in ein Dokument, das ich „Japanik“ nannte. Hier nun die Notizen zu meinen ersten 2 Wochen in Japan:

Anmerkung: Die Ausgangssituation war folgende: Ich hatte schon in Deutschland einen Job beim Metropolis Magazin organisiert, wo es bald losgehen sollte. Der Job war allerdings unbezahlt und ich musste mich schnell nach einer Arbeit umsehen, wenn ich länger im Land bleiben wollte. Auch war es zu dem Zeitpunkt Sommer mit konstant 27°-32°C und ich bin damals immer noch mit drei Kameras und Zubehör rumgelaufen, um ja kein Bild zu verpassen. Ebenso auch mit Wörterbuch, Japanisch-Lernbuch und Reiseführer. Die Tasche wog immer schwer.
Die Notizen sind natürlich sehr gaijin-behaftet, vieles weiss ich heute besser. Also, an die Nasen, die hier schon seit Jahren wohnen: haltet euch mit euren erhobenen Zeigefingern zurück.

Reise

Es regnete zum Abschied in Strömen.

Im Zug von Berlin nach Frankfurt saß ein Fotograf in meinem Abteil, interessante Fügung. Er hatte zuvor eine Kaviarfabrik in Fulda fotografiert. Er bot mir nen Job an, wenn ich wieder aus Japan zurück komme. Er selbst war kurz zuvor in Vietnam. Ich hatte den Laptop rausgeholt und noch einen alten Fotoauftrag bearbeitet.

In Frankfurt dann rumgeirrt und ne Verbindung zum Flughafen gesucht, Robert getroffen, Elektrotechniker und Hobby-Segelflieger. Ich meinte, ich flieg jetzt nach Japan, fand er cool. Er zeigte mir den Zug zum Flughafen, ich meinte, wenn das falsch ist, komme ich zurück und er muss mich nach Japan fliege. Er lächelte und winkte zum Abschied.

Im Flughafen lief ein Franzose umher der alle anredete, komisch und laut. Viele Japaner am Gate und im Flugzeug schätze so um die 100-200. Mein Platz war dabei 11 Stunden lang neben einer 18 jährigen blonden Schweizerin. Glück muss man haben.

Sie war schon mal ein Jahr lang in Japan und nun auf dem Weg zu ihren Eltern nach Hawaii.

Landung, Abschied von der Schweizerin, Zoll, Zug. Zugsystem nicht ganz gepeilt, irgendwas gekauft, ab in den Zug und ständige Angst ein Kontrolleur kommt rein. Zum Glück gibts keine Kontrolleure in Japan.

Nun Japan, endlich. Anders vorgestellt: Nicht überfordert, nicht nervös, keine Angst. Fast schon langweilig. Es fühlt sich eher wie ’nach Hause kommen‘ an, nicht fremd, eher wie schon gesehen und hier gewesen. Vermutlich weil ich mich schon so lange mit dem Land beschäftigt habe.

Zug Richtung Hostel in Nishi-Kawaguchi. Nach hin und her Ankunft, nur noch von der Station zum Hostel. In der Station gabs ne Karte der Umgebung, ich stand 5 Minuten davor bis mir ein Mann seine Hilfe anbot, der jedoch noch ratloser war und mich in die eindeutig falsche Richtung schickte. Hilfreiche Menschen ohne Ahnung.

Die Spielebuden sind abartig laut.
Hostel gefunden, Zimmer sind japanisch klein und eng, 2qm, zwei Etagen-Betten übernander. Nachbarin Regan aus Kalifornien, 18 Jahre aber recht erwachsen. Internet ist gerade kaputt, der zwielichtige Hostelbesitzer verspricht es zu reparieren. Nach ersten Small Talk geh ich mit Regan durch Nishi-Kawaguchi, sie fungiert als Guide.


Blick aus meiner Abstellkammer äh Zimmer

Ruhige Wohngegend, still und sicher. Fühl mich angenehm befreit in dieser Sommernacht. Erster Gang zum Conbini und 99yen store. 1000yen rausgehauen, klingt nach so viel, ist aber doch wenig.
Mit Regan japanische Zeitschriften durchgesehen. Überall Idols, alles künstlich und übertrieben. Erschreckend.

Seit 4 Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Verhasple mich ständig in drei Sprachen, rede Deutsch wenn es Englisch sein sollte.

Internetcafé, hier schlafen Leute! Kurz Mails gecheckt. Danach dann mit Regan in nen Videospiel Laden, inkl. Erotik-Abteilung. Überall kleine Mädchen mit großen Augen auf den Covern. Irgendwie komisch. Dann noch in nen Arcade-Laden, alles aggressiv bunt, laut, japanisch.


Erster Einkauf im fremden Land, Baumkuchen und einzeln abgepackte Kekse

Im Hostel dann den Animationsfilm Advent Children abgespielt. Absurd, in Japan fabriziert, in Deutschland heruntergeladen, und nun auf der Computer-Festplatte wieder hergebracht. Eine Art Globalisierungskreislauf und Re-cycling. Apropos Cycling, ich vermisse mein Fahrrad.

Tag 2

ca. 4 Stunden geschlafen, das Bett ist hart aber okay. Nächstes mal auch die Matratze von der oberen Etage benutzen. Die Sonne geht auf, im Land der aufgehenden Sonne. In Berlin ist sie noch nicht, dazu ist sie hier 7 Stunden voraus. Meinem Schlafbedarf fehlen so ca. 7 Stunden. Leichte Kopfschmerzen.

Cola aus dem Kühlschrank und ein Sandwich mit Eierkram aus dem 99yen Laden. Das Frühstück der Könige und Kaiser.

Mithilfe der reflektierenden Rückseite des iPods die Haare gemacht, diese sehen selbst aber aus wie die Rückseite von einem ungepflegten Felltier.
Man kanns gut aushalten hier, doch etwas fehlt… Hab den Bedarf Deutsch zu sprechen.

Es ist noch kein Schalter umgelegt wurden, von jetzt auf Japan. Alles so im Dazwischen. Aktivität auf Sparflamme, ich brauch Internet!
Der Tag beginnt nicht wie Alltag, obwohl der Alltag hier für mich bald mal beginnen sollte, um mich hier wohl zu fühlen.

Regan ist bald weg, vorher noch nach Shibuya zur Botschaft. Sie hat kein Geld, ihre Bank hat ihr Konto gesperrt. Klärungsbedarf.


Ihr Styling war ihr immer sehr wichtig, ständig wurde das Make-Up kontrolliert

Zusammen gehts dann nach Shinjuku, ohne Besuch der Botschaft. Klimatisierte züge sind echt angenehm! Das Liniensystem ist garnicht ma so kompliziert Ich muss für Regan Tickets holen, da sie in Tokyo ohne Geld gestrandet ist, ihre amerikanische Bank zickt rum.

Shinjuku ist mehr Wohn- und Shoppingbezirk, relativ gesichtslos, aber sehr modern und asiatisch. Hier werd ich bald hinziehen.

Shibuya is krass.
Menschenmassen drängen sich voran wie Mastvieh auf dem Weg zum Schlachter. Die Schlachthäuser sind in dem Fall die vielen kleinen Shops und Marktschreier, die versuchen die Leute in die Shops zu ziehen. Gaijin lassen sie in Ruhe

Nach nem Gang durch nen Suburb von Shibuya, wo sich eine mickrige ARD Zentrale Tokyo versteckte und ein kleiner Schrein, nach Harajuku.
In Harajuku liegt auch der größte Tempel von Tokyo, mit viel heiligen Wald drum rum. Zu viel für Regan, der das Wetter nicht bekommt und ständig über ihre Füße und ihren Gesundheitszustand klagt. Nasenbluten. Auf dem Weg zum Schrein machte sie mittendrin halt und ging nicht weiter.


Regan sitzt.

Beim Tempel überall Cosplayer, die mehr Blicke zogen als der Tempel.

Darunter ein europäisch aussehender Typ, der sich als Mädchen verkleidete. Bestürzend.

Auf der Rückfahrt dann eine schicke und edler Cosplayerin, die eine gewisse Eleganz ausstrahlte, im Zug getroffen. Hoffe das Foto mit der analogen Kamera ist was geworden. Sie wollte uns unbedingt den Sitzplatz anbietet. Gaijin haben Sonderstatus, es gibt Menschen die starren uns an, lächeln uns zu oder gratulieren uns zu unseren blonden Haaren.

Die Getränkemaschinen sind großartig, da der Durst bei diesem heissen, schwülen Wetter auch in Minutentakt auftritt. Ist ein bisschen wie ein Überaschungs-Ei, man weiss nie was kommt. C.C. Lemon ist super, aber scheinbar ständig ausverkauft. Die hohe Luftfeuchtigkeit bildet Pfützen auf den eiskalten Dosen.
Die Temperaturen bringen mein Macbook regelmäßig zum Absturz, nur am Abend gehts ganz gut, oder in voll klimatisierten Räumen.

Später dann mit Macbook und Internet ein Telefonat nach Amerika via skype gebastelt, schon cool was Technik kann. Regan zu mir: „Without you, I would be lying dead in an ally“

Tag 3

Regan ist irgendwie krank, fiel gestern kaputt ins Bett. Ich ließ sie erstma schlafen und wollte sie nicht wecken, glaub sie konnte Schlaf gut brauchen.
Sie hat Geld aus den USA geschickt bekommen, also ab in den Finanzdistrikt zur Tokyo Station um es dort bei einer Bank abzuholen.

Überall Bankgebäude und gläserne Wolkenkratzer. Wohl mehr Fassade, der japanischen Wirtschaft gehts nicht gut.

Die Bank, zu der wir gingen, war japano-brasilianisch, viele Schwarze. So wie die in Harajuku, die in Gangs auftraten und sehr aggressiv versucht haben, irgendeinen Mist zu verkaufen. Nebenbei konnte ich noch sehen, wie sie versucht haben was zu klauen. Erste negative Erfahrung in Tokyo, sehr störend.
Polizei ist hier mehr nur Ordnungsamt, die allgemeine Höflichkeit regelt das meiste.

In der Bank selbst verließ ein Schwarzer für eine Stunde lang nicht seinen Platz, blickgeschützt vom Security Futzi, der mehr drauf bedacht war, seine Haltung zu wahren und leer in die Gegend zu starren. Schätze der Schwarze machte Geschäfte, ständig kamen Leute rein und raus zu ihm, gaben ihm was ihn die Hand und bekamen etwas zurück. Böses rassistisches, stereotypisches Denken, aber dann leider doch so passiert.

Nachdem Regan ihr Geld hatte, und mir das Geliehene zurückbezahlte, brauchte sie mich wohl nicht mehr und wir gingen unserer Wege. Eigentlich ganz angenehm mit ihr, es war nicht zu tief emotional, nicht zu oberflächlich, sie weiss bescheid, ist sehr reif und nicht wirklich dumm-amerikanisch. Kennt japanische Popkultur ohne Freak zu sein. Und vorallem: sie reist alleine. Alle anderen, die in diesem Hostel ankommen sind mindestens zu zweit.

Ich ging dann nach Akihabara Electric Town, was tatsächlich nicht so spektakulär war, wie es mir Regan prophezeite. Aber das einsame, durch die straße Laufen, war ganz angenehm. Auch wenns fototechnisch derzeit nich klappen mag, vlt liegts am Wetter.

Gesamt hatte ich mir mehr erhofft. Mehr Aufregung, mehr Angst und Einsamkeit. Es ist alles so normal und möglich und irgendwie vertraut. Es wird Zeit, dass die Arbeit beginnt und ich Japaner kennen lerne. Am Abend bin ich dann noch ins klimatisierte Internetcafe, diesmal mit eigenem Rechner, ein paar mails fertig gemacht. Angenehmer als im Hostel, wo ständig halbnackte Franzosen ums Internet tanzen. Trotzdem alles keine Arbeitsatmosphäre. Es wird Zeit für meine Bude.

Am Abend dann Hostel-Talkshow zwischen Kanadier, Italienern, Franzosen und Regan, die als treibende Kraft stets hinter jedem Dialog steht. Auf meinen Schlafbedarf nahmen sie dabei keine Rücksicht, als sie direkt vor meine Schiebetür palaverten. Die Franzosen fragten alle nach sexuellen Vorlieben, die Italiener nach Essen und die Kanadier erzählten immer wieder nur von sich selbst. Schon interessant, doch immer wieder dieselben oberflächlichen Gespräche. Keine Lust drauf. Wenig Schlaf.

Ich habe Momente von „Warum bist du hier?“. Ich versuche für mich die Antwort zu finden. Abwarten und mit Tokyo reden. Vielleicht hörts mir zu.

Tag 4

Wenig schlaf, restlichen Münzen und Kleingeld zusammengekramt und Frühstück. Pappig aber japanisch lecker bekömmlich. Überall Müll, wird ja hier nur auf die Straße geworfen.

Mit dem Österreicher geredet, der hier eingekehrt ist. Neue Reisemöglichkeiten erfahren. Er will als PHP Programmierer zum Metropolis magazine. Witzig.

Zuerst Regan zum Bahnhof gebracht, Zug zum Flieger nach Kalifornien. Dafür, dass ich gewissermaßen ihr Leben rettete, war sie beim Abschied dezent unemotional.

Auf nach Akabane, den großen Fluss suchen, den ich im Vorbeifahren sah. Mir war nach Spaziergang am Wasser. Ich ging leider in die falsche Richtung, also fand ich nur 30°C und viele kleine Wohnhäuschen. Aber auch einen versteckten und idyllischen Park mit Wasseranlage.

Hingesetzt und ein paar Zeilen geschrieben.

Danach dann weiter an der Bahnstrecke entlang zum nächsten Bahnhof. Unwirkliche Distanzen.

Ab nach Shinjuku zum Governmentbuilding, für Blick und Stadtkarten. Überall nur Stadt, kaum grün. Tinnef im Angebot des Shops im 45. Stock. Metropolis magazine mitgenommen, erster Eindruck: sehr gut, sehr britisch.

Rückkehr und Nudelbento für 250yen, dezente Einsamkeit. Auf zum Stammtisch der deutschen Community und Tokyo, trotz mangelnder Lust und Müdigkeit. Lohnte sich, war angenehm, vertrieb Ensamkeit und brachte Kontakte. Öfter machen. Ich habe einen Cocktail bestellt und bezahlt, ein Idiot hat ihn weggetrunken. 550 yen im Arsch.

Auf dem Heimweg in den letzten Zug gequetscht, nach Bier stinkend da ein weiterer Idiot sein großes Bierglas über mir verschüttet hat. Eng. Auf dem Weg vom Bahnhof zum Hostel von nem Pachinko Trottel die Faust entgegen gestreckt bekommen, warum auch immer. Macht wahrscheinlich jeden für seinen täglichen Verlust der Existenz verantwortlich.
Müde.

Tag 5

Freier Tag – frei vom Herumlaufen in der heissen Stadt und ständigen Zugfahren. Entspannen und Mails aufarbeiten. Viel geschrieben, viel organisiert. Genau wie in Berlin.

Merke: Bananenmilch + Tee schlägt auf den Magen.

Die Österreicher sind nun weg.
Coole Amerikanerin angekommen, Texanerin, dick (so ihre Söhne), Zeuge Jehovas. Sehr offen, sie begleitet ihre Söhne weil sie Lust auf Japan hatte. Hängespeckarme.

Ganzen Tag mails offline vorschreiben, viel zu beantworten, viel zu organisieren, Deutschland läuft weiter. Wie sehr ich mich von Deutschland lösen kann, bestimmt wohl, wie lang ich hier bleibe.
Am Abend dann mails verschicken, im klimatisierten Internetcafe. Ich schleppe also mein Macbook hin, nur um dann zu merken, dass ich das Stromteil vergessen hatte. Ärgerlich. Typ neben mir schmatzte und rülpste sehr laut sein Getränk runter. Japanisch unhöflich. Alles keine Arbeitsatmosphäre.
Dann vom Hostel aus alles geschickt, wo 20 Minuten Internet 100yen kosten, die in einen Automaten geworfen werden müssen. Ca. anderthalb stunden und viele 100 yen münzen investiert. Aber Berlin weiss nun, dass ich lebe, und so langsam geht das arbeiten los.

Am Abend kam noch eine allein reisende Engländerin, 33 sieht aba aus wie 23. Meine direkte Zimmernachbarin. Erzählte mir schon am ersten Abend durch die dünne Zimmerwand von ihrer Beziehungskrise. Alleinreisende scheinen einander zu vertrauen. Hab sie rumgeführt, wie Regan bei mir. Irgendwie vermiss ich sie. Sie kam einem Freund im neuen Land noch am nächsten. Ich brauche Freunde hier, für Normalität.

Eine Japanerin sucht in der Metropolis einen Deutschen zum Sprachaustausch, ich schrieb sie an, sie scheint nett zu sein. Kann Japanischkenntnisse aufbessern. Ebenso auch beim Tokyo Cameras Club gemeldet.
Am Abend kam ins hostel eine 21 jährige aus Neu Seeland, auch für ein working holiday Jahr in Japan, wie ich. Sie hat die ausreichenden finanziellen Mittel von Daddy bekommen – ich musste ein jahr arbeiten dafür. Sie redete von „really fun jobs“ und ich denke dabei ans Überleben. Obwohl sie das Hostel gebucht hatte, übernachtete sie woanders, und bezahlte dort auch. Sie redete ständig von Daddys Kreditkarte und hatte dabei so ein Strahlen im Gesicht. Sie hat im Dezember ein Praktikum beim Metropolis magazine. Ist wohl doch nicht so schwer reinzukommen.

Tag 6

Auf zum Working Holiday Zentrum in Nakano, dreimal umsteigen und auf dem Weg eine Bäckerei entdeckt. Das dortige Baguette kam Brot schon sehr nahe. Dann fünf minuten vor ner Karte gestanden um den Sunplaza zu finden, nur um zu checken, dass ich seit fünf minuten direkt davor stand.

Das Working Holiday Zentrum verteilt Jobs für Leute wie mich, aufgrund von Rezession waren die Fächer mit den Jobs allerdings sehr leer. Ich wurde von ner interessierten, freundlichen Japanerin betreut, die ganz angetan war, dass ich Fotograf bin. Sie sprach mich auf meine drei Kameras an, die ich mit mir rumschleppte. Ich hab mich registriert und bezahlt, und nun konnte ich mich auf Jobs bewerben. Realistische Aussicht auf nen Deutschlehrer Job, gut bezahlt, allerdings Handy-Pflicht. Ich fragte die Japanerin, was es denn hier für Handys gibts, sie nannte mir drei Marken. Ich fragte sie, welche sie hat, und meinte, die nehm ich dann auch.

Zusammen mit ihr habe ich dann nach einem Softbank-Laden gesucht, der ein english speaking staff hat, doch wiedermal log die Werbung.
Irgendwie schaffte ich es dann doch noch vor Ort denen klar zu machen, was ich will, um für gerade mal 40€ ein nigelnagelneues Kamera-Handy zu kaufen, mit eigener email Adresse. Soll nochma einer sagen, in Japan ist alles teuer. Danach dann erfolgreich mit meiner normalen Berliner-Sparkasse-Bankkarte Geld abgehoben und bin Einkaufen gegangen.

Die Japaner haben richtig coole Klamotten, nur eben alles in Japaner-Größe. Zuhause brauche ich eine ‚S‘, aber selbst eine Medium hier ist zu klein. Ich sagte dem Verkäufer, ich brauchs größer, er meint, das is ne M, und ich meinte, ich brauch ne europäische M.

Ich brauchte aber Klamotten, da ich nur für einen deutschen Sommer gepackt hatte. Das heisst: viele warme Klamotten und Kram für den Regen. Zwei dünne Sachen besorgt, mit Muster.

Angenehmes Gefühl gehabt, von ‚angekommen zu sein‘. „do as the japanese do“.

Der laden war cool, recht punkig und keiner der Verkäufer schien über 18 zu sein. Alle 30 sekunden schrien sie durch den Laden, dass sie sich freuen, dass wir hier einkaufen, und es voll tolle Rabatte gibt. Irgendwie trotzdem nicht aufdringlich. Englisch sprachen sie zwar nicht, aber auch wenn sie mich nur 2 minuten warten ließen, entschuldigten sie sich dafür, dass es so lange dauerte. Hätte ich gern ma in Berlin.

Danach zum Mitama Festival, 30.000 Lampions wurden in einem Schrein aufgehängt, dazu die üblichen Fressbuden und Sommeraktivitäten.

Alles recht herzlich, aber ich hätte es gern mit Anderen verbracht, als mit meinen zukünftigen Mitbewohnern, die ich dort zum aller ersten Mal traf und die alle 5 meter nur von geilen Ollen sprachen, vom Saufen und F**ken. Typus: Frat Brother. Mal schauen, wie lang ich es mit denen aushalte, aber einen sicherer Monat in Shinjuku, mit 24h Internet kann ich mir ruhig geben. Langsam gute bilder gemacht. Es wird. Oft ist es noch die Höflichkeit, den Japanern nicht die Kamera ins Gesicht zu drücken, zwischen mir und einem Motiv.

Entschlossen Dienstag ausm Hostel auszuziehen, dann eine Inseltour rund um Tokyo zu machen – für den Urlaub und das Abenteuer. Vorher den dicken Rucksack in Shinjuku abstellen. Am Abend wieder an der Pachinko Halle vorbei, wo ein betrunkener torkelnder Japaner mich anlaberte, oder es zumindest versuchte. Sollte diese Ecke echt meiden.

Tag 7

Regen, zum ersten mal seit meiner Ankunft. Wäscht die Hitze davon. Duschen und dann ab zur Redaktion des metropolis magazine, danach erstma chillen. Langer tag gestern.

Nix mit chillen, das Hostel hat mein Zimmer vergeben, während ich noch drin war. Also alles fix zusammpacken und umziehen. Zum Rucksack und der Tasche sind nun auch noch zwei weitere Taschen gekommen. Soviel zeuch…

Umzug ins Rattenloch, bzw. hauseigene „Kapsel Hotel“, doch vorher zur Redaktion, ungeduscht, in Eile. Vorher die Adresse und Wegbeschreibung ausgedruckt, aber viel gebracht hatte es nicht. Ich habs einfach nicht gefunden. Als ich dann in einer mail mein Fehlen entschuldigte, gab es Verständnis. Adressen finden in Tokyo ist so ne Sache… Zwischendurch in Shibuya unter ner Brücke durch, da schliefen die ganzen oObdachlosen. Krieg ich keinen job, zieh ich hierher.

Jede Bahnstation hat hier ne Melodie, eine klingt verdächtig nach Sherry Sherry Lady

Irgendeiner hat im Hostel den Münzautomaten vom Internet abgestöpselt, d.h. gratis Internet bis zum Abend. Ich hielt es nicht für nötig den Hostelbetreiber von dem Schaden zu berichten.

Am Abend dann mit der Engländerin zum Tokyo Tower. Falsche Station ausgestiegen, rumgeirrt und schlussendlich einfach auf den Turm zugelaufen. Überall Lichter.

Nachts versucht zu schlafen, im Rattenloch. Wände sind dünn wie Reispapier, jedes gespräch mitgehört. Mit Regen überm kopf eingeschlafen.


Mein Zimmer. Mein ganzes Zimmer.

Tag 8

Auf nach Ueno um eine Deutsche zu treffen. Morgens alles etwas umständlicher, da nur noch 2 Kubikmeter Luft mein Zimmer ausmachen, alles andere wurde outgesourct. Ich lieg ganz oben, und obwohl hier ein frostiger Wind der Klimaanlage durchweht, so bleibt diese doch gemäß den Gesetzen der Thermodynamik am Boden der Legebatterienanlage, und die warme Luft steigt nach oben zu mir in mein Loch. Keine Fenster, Air Conditioner können keine frische Luft ersetzen.

Die deutsche Linda, mit der ich mich treffen wollte und die ich online kontaktierte, rief dann an, käme wohl erst zwei Stunden später, also wurde aus dem hektischen Morgen ein gechillter. Das Hostel ist gerade voll gebucht, man kann teilweise kaum treten vor Leuten. Die einzige Dusche ist ständig belegt, daher ist mal ganz gut noch im Hostel zu sein wenn alle schon zur Stadt aufgebrochen sind. Hab das gratis Internet genutzt, während neben mir eine Japanerin stand, die 2 Stunden lang ihr Frühstück machte und dann aß, und dabei kein wort sagte, zu dem, der ja mit ihr im Raum war.

Ueno Park is sehr nett, lauter Zikaden überall, sehr sommerlich. Baseballspiel gesehen, obwohl nicht verstanden, mitgefiebert, weil sie sich über jeden Ball freuten.

Linda ist Biochemie Studentin und Partymaus, die japanisches Essen und Japan nicht sonderlich spannend findet, aber die Sprache. Bin mit ihr dann durch Ueno, zu Fuß nach Asakusa, wo es einen Döner gab, der zwar nett, aber kein Döner war. In Asakusa dann in einen Tempel, vor dem draußen Affen zum allgemeinen Vergnügung auf und ab springen sollten. Traurig.

Dann noch mit der Metro zum Metropolitan Government Building, again. Diesmal bei Nacht, was ganz nett war. Zum ersten mal Gestern gute Bilder gemacht.

Linda (selbst Hobby-Fotografin, analog, seit sie 14 ist) sagte, sie verstehe die Leute nicht, die immer sofort die Kamera zücken, sie sollen lieber erst den Ort erfühlen und genießen. Ich sehe es haargenau so, vielleicht sind die guten Bilder deshalb erst beim 2. Besuch gekommen.

Die Klamotten werden immer dreckiger, muss sie bald reinigen aber ich hab Skrupel vor den japanischen Münzwaschmaschinen. Meine kurze Hose ist schweissgetränkt, es ist schlimm. Das riecht zwar alles nicht, aber es klebt und ist schwer.

Tag 9

Das Leben hier im Hostel gelangt an seine Grenzen, ein Amerikaner fragten mich, vollen Ernstes, warum die Deutschen, als „wir“ Polen besetzt hatten, denen kein Baseball beigebracht haben.

Bei der Reise zu den IZU islands muss ich mir was einfallen lassen. Allen voran wie ich da hin komme…
Vorher zur Tokyo Bay, und davor noch zu einem Schwerter museum, weil die Britin Angela mit mir unterwegs war und unbedingt dahin wollte. Die Schweissrückstände auf meinem Shirt ergeben ein Muster das ganz gut passt. Kein grund zum wechseln.

Bei knapp 30°C und knallender Sonne zum Museum. War recht unspektakulär, alte Klingen in nem Kasten.
Danach dann zur Tokyo Bay. Zwischenzeitlich im square Enix shop vorbei. Gesamt teuerster Tag bisher, viel Transportation, Verpflegung und Kram besorgt.

Tokyo Bay mit Monorail war interessant, und anstrengend. Zwischenzeitlich stark genervt, weil Angela die ganze Zeit am quasseln war und den Weg nicht wusste, dazu knallende Sonne und dauernasser Rücken. Füße tun weh.

Dann ins Science and Innovation Museum, sehr angenehm. Einige Japaner wollten mit uns reden, aber ihr nich vorhandenes Englisch hatte das verboten. Irgendwie sind sie so freundlich, wollen uns helfen und ihr schönes land zeigen. Auch wenn es manchmal unter der motivation „sie wissen es ja nicht besser“ passieren mag. Aber es gibt genug Verständnisprobleme, oft starren sie dann einen nur leer an und erwarten, dass man ihr Japanisch versteht.

Gute Bilder gemacht, bis der Film voll war (analog UND digital) und der Akku leer.


Such den Gaijin


Die Japaner haben die Erde erschaffen!!

Nachts auf der Rückkehr dann wieder an der Pachinko Ecke vorbei, dort stehen ältere Männer an der Ecke rum und schauen sich um. Keine Ahnung was sie machen, aber es ist unangenehm. Je später der Abend, desto geneigter sind sie, einen anzusprechen. Durch ebenso geneigtes Gehen erkennt man den Alkoholspiegel.

Nachts mit Anderen im Hostel Fernsehen geschaut, ganz lustig. Hübsche Australierin ist heute im Hostel angekommen, ich schlafe mit ihr

…im Rattenloch, eine Etage über ihr.

Tag 10

Endlich wieder sauber in Tokyo, die Klamotten zu waschen mit dem Münzautomaten war weniger schwer, als ich dachte. Sind nun zwar nicht frühlingsfrisch, aber rein.

Dann nach Akihabara, um das erste Foto fürs Metropolis zu machen.

Endlich wieder fotografisch gearbeitet, mich auf eine Sache konzentriert und es kamen gute Bilder bei raus, danach Entspannung.

Wollte dann auf dem Rückweg wiedermal am Fluß entlang, doch beim ersten mal stieg ich in Akabane aus, welches rechts vom Fluß liegt, und ich ging in die falsche Richtung. Diesmal stieg ich Kawaguchi aus (wörtlich: Flußeingang) und ging wieder in die falsche Richtung, nämlich nach links. Es sollte halt nicht sein.

Hab mein Zeug zusammengepackt, morgen soll es auf die Insel gehen. Ich weiss weder wie, noch wo, aber es wird hoffentlich spannend. Ich hoffe vorher mein Zeug irgendwo unterstellen zu können, ansonsten nehm ichs mit. Ich denke, ich werd die nächsten Nächte kein Bett sehen (und dementsprechend nix dafür zahlen müsen). Ab Freitag gehts dann nach Shinjuku. Jetzt noch ins Internetcafe, seitdem der Hostelbesitzer den Fehler bemerkt hat und es nun hier verboten ist, nen Laptop anzuschließen.
Ich mein, sie sind ja ganz nett hier, und scheinen mich auch zu mögen, aber auf die Dauer is das nix. Wenn ich versuche etwas in meinem Loch zu trinken, stoß ich mit der Flasche an die Decke.

Im Internetcafe einen Weg zur Insel gefunden, als back up, falls ich morgen die Fähre nicht mehr erwische, ein echtes Capsule Hotel gebucht. Gepäck geht morgen definitiv zu zu meinen neuen Mitbewohnern, übrig bleibt Handgepäck. Angenehm, muss aber organisiert sein.
Organisation ist der Feind vom Abenteuer, doch leider überlegen.

Ich habe endlich rausgefunden, was diese alten Männer an der Ecke machen. Ich dachte zuerst, die verticken Drogen, aber mittlerweile glaube ich, sie sind zuhälter. Sie fragten mich, ob ich ein „nice girl“ suche, in ner ziemlich düsteren stimme. Beschissenes marketing, so kauft doch keiner.

Tag 23

Gespräch mit einem Freund über ICQ:

megafutzi [15:55 Uhr]:
manchmal denk ich, alles is cool hier
megafutzi [15:55 Uhr]:
treff viele neue coole leute
megafutzi [15:56 Uhr]:
die stadt is voller hübscher mädels mit kurzen dunklen haaren
megafutzi [15:56 Uhr]:
dann kauf ich mir aba wieder ein brötchen für 1,10€ und denke: noch mehr davon und ich kann tschüss sagen

Epilog:

So ein Blick zurück, zum Anfang, woher man kommt, erfrischt die Perspektive in der man sich befindet und dorthin schaut, wohin man geht.
Ich bin relativ naiv hergekommen, und die westliche Arroganz, die Gaijin so oft mitbringen, war natürlich auch bei mir im Koffer. Um mal ein paar Punkte aufzulösen:

Ich hab es zu den Izu Islands geschafft!

– Meine Mitbewohner waren weniger schlimm, als ich damals vermutet hatte, und ich hielt es 6 Monate mit ihnen aus. Einer der beiden konnte sich auf Nachfrage garnicht mehr an den Abend erinnern, weil er vollgepumpt mit Antibiotika und anderer Medizin war.

– Aus dem Deutschlehrer Job ist nichts geworden, ebenso nicht aus dieser Tandempartnerin, die es mit dem Deutschlernen dann doch nicht so ernst meinte. Ich fand eine andere Tandempartnerin, die heute zu meinen engsten Freunden hier gehört.

– Von Regan habe ich nie wieder etwas gehört

– Zu Anfang dachte ich, ich muss nur ein nettes Bild machen, und verkaufen. Der Beruf des Fotografen und Journalisten gestaltet sich allerdings etwas anders.

– Linda habe ich zwar nur einmal getroffen, wir haben aber heute noch Kontakt und sie liest gerne meinen Blog ^^
– Die Schlüsse, Vermutungen und Erkenntnisse, die ich damals meinte über „die Japaner“ anzustellen, waren oft verkehrt und entstammten einer passiven Beobachterperspektive.

– Die Japanerin im Working Holiday Zentrum erinnerte sich an mich, bei meinem zweiten Besuch im Januar. Wir sprachen damals beim ersten Treffen über Hiroshima und sie fragte mich, ob ich es dorthin geschafft habe. Unser Gespräch wurde allerdings frühzeitig unterbrochen, da sie die Regeln gebrochen hatte, mich hatte schon eine andere Dame betreut und sie ist aus Versehen dazwischen. Hat sich natürlich zehnmal entschuldigt.

Gesamt bin ich sehr zufrieden, wie es mir nach diesen zwei ersten Wochen, in denen ich ungeduldig viele Sachen erreichen wollte, ergangen ist. Als Mensch, Fotograf, Journalist und Gaijin habe ich mich weiter entwickelt.

Wenn ihr bis hierher meine Notizen gelesen habt, Hochachtung. So lasst mich noch hinzufügen, warum ich all das aufgeschrieben habe:

Meine Zeit in Tokyo, und das Leben von diesem Blog, ist endlich. Genauer gesagt, werde ich vorraussichtlich nur noch 2 Monate in Tokyo bleiben (drei Monate in Japan). Ich werd sicherlich nach meiner Rückkehr noch Beiträge machen, von Bildern die ich bisher noch nicht veröffentlichen durfte, oder entwickelt habe.
Als mir klar wurde, dass es nur noch 2 Monate sind, wurde ich leicht wehmütig und ich kam ins Grübeln, was ich hier alles noch erreichen möchte. Dabei kam mir der Anfang dieser Reise in den Sinn. Denn wie gesagt, ein Blick zurück verändert den Blick nach vorn.

Dazu passend, der Blick nach vorne, vom Anfang dieses Beitrags.

Der Spaßmacher vom Yoyogi Park


Ich war letzten Sonntag in Harajuku unterwegs, im Rahmen vom Tokyo Guide sammelte ich ein paar Bilder. Ich kann Harajuku nicht besonders leiden, besonders nicht am Wochenende wenn es hoffnungslos überfüllt ist. Nachdem ich mich zwei Stunden lang durch die elendige Takeshita Dori gekämpft hatte, an der Omote Sando den Bauernfänger und Fashion Victims ausgewichen bin und im Meiji Schrein eine 27sekündige Unterhaltung mit einer Amerikanerin hatte, die abrupt mit „Oh, deutsch? Meine Familie wurde nach Ausschwitz deportiert“ endete, hatte ich einfach keine Lust mehr.

Ich bin dann in den Yoyogi Park und traf ihn, der mir dann meine Laune und meinen Tag gerettet hat.

Er ist Schauspieler und hat verschiedene Szenen und Situationen ohne Worte auf wunderbar amüsante Weise dargestellt. Oben das Foto ist eine Fashion Show, ohne Kleidung.

Dazu hatte er immer auf einem Plakat den Namen der Szene oder der Situation. So wie zum Beispiel bei Baseball:

Im Falle vom Baseball hat dieselbe Szene dreimal vorgespielt: normal, Zeitlupe und…

…frame by frame (auch wenn da „flame by flame“ steht). Das sah dann so aus:

oder auch: A woman who walks like a bird

Köstlich. Ebenso auch seine Vorstellung von einem kleinen Kind, das heranwächst und am Ende seine gebrechlichen Eltern herumführt, wie sie es früher mit ihm gemacht haben.

Ich hab nicht alles fotografiert, weil ich auch einfach nur zuschauen und mich begeistern lassen wollte.
Seine letzte Nummer war „How people laugh around the world“, darunter Amerikaner, Russen, Chinesen und zum Schluss: Deutsche.

Am Ende bat er um eine kleine Spende, und auch wenn bei mir das Geld immer knapp ist, so gab ich ihm sehr gerne was für die wunderbare Unterhaltung und gute Laune. Er fragte mich dann woher ich komme, Deutschland, sage ich, und er musste laut lachen. Er entschuldigte sich dann, aber ich meinte, es hat mir viel Spaß gemacht.

Vor 15 Jahren trat auch einmal im Varieté Theater in Berlin auf. Ich vermute, er war schon überall auf der Welt und hat dort Menschen zum Lachen gebracht und sie dabei beobachtet.

Das deutsche Lachen, laut ihm, geht übrigens so: Kurz sehr kräftig – danach dann aber sofort wieder eine ernste Miene.

Ich bat ihn dann nochmal für die Kamera das deutsche Lachen zu machen…

…aber den ernsten Eindruck hatte er nach unserer Unterhaltung nicht mehr hinbekommen. Aber so ist es ein sehr zufriedenes Lächeln geworden, vom Spaßmacher an einem sonnigen Sonntag Nachmittag im Yoyogi-Park.

PS: Und mein „deutsches Lachen“ war kräftig und vergnügt, seine ganze Perfomance lang.