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Ein Jahr TokyoFotoSushi / fotografritzblog

Seit dem 5. August ist der Blog nun ein Jahr alt!!

Ich habs zwischen den Gedenktagen und anderen Kram glatt vergessen, dass ich nun schon seit nem Jahr blogge. Bei der letzten Redaktionssitzung fragte mich der Praktikant etwas über meinen Blog und wie lange ich den schon führe. August 2009 sagte ich und mir fiel auf, dass ja schon August 2010 ist. Wie die Zeit vergeht…

Ich hatte am Anfang gar nicht geplant, den Blog so lange zu machen. Das heisst, ich hatte überhaupt nichts geplant, genauso wie ich auch keinen Plan hatte, wie lang ich denn in Japan bleiben werde. Das WordPress-Format sollte am Anfang nur dazu dienen, meine Fotos und die Geschichten dazu besser Redaktionen und Kunden anzubieten (siehe auch der erste Eintrag). Ich hab zwar bis zum heutigen Tage kein einziges Foto durch den Blog verkauft, doch ich konnte mich damit durchaus präsentieren.
Das ich dann noch regelmäßig weitergemacht habe lag einfach daran, dass ich es Leid war, all meine Japangeschichten jedes Mal erneut erzählen müssen. So hab ichs nur einmal aufgeschrieben und gut wars.

Ich war und bin immernoch bei einigen Bildplattformen angemeldet, wo ich meine Fotos hochlade. Doch die direkte und umfangreiche Kommunikation mit dem Leser finde ich hier angenehmer. Desweiteren ist es immer eine gute Übung im Geschichten erzählen, sodass diese auch ansprechend sind. Was nicht funktioniert, sieht man gleich. Zudem kann ich so auch Fotos zeigen, die bei einem Auftrag entstanden sind und dort dann eventuell durch die Auswahl gerutscht sind, die ich aber trotzdem für gelungen und zeigenswert halte.

Kurzum: Ich bin sehr zufrieden mit diesem Blogging-Jahr.
Von 0-4 Besucher pro Tag am Anfang, auf 100-500 täglich jetzt. So kamen in einem Jahr über 40.000 Besuche zustande. Dazu weit über 500 Kommentare von Lesern unter insgesamt 140 Beiträge, mit über 2500 Fotos! Holla die Waldfee…

Die beliebtesten Beiträge in einem Jahr waren:

1. rennende japanische Mädchen


2. japanische Mädchen in deutschen Shirts



3. in der Höhle eines Otakus

4. Fick dich japanische Polizei



5. sowas un(d)professionelles!

Mein persönlicher Lieblingsartikel, ist der Beitrag zum Bon Odori in Koenji

…und das letzte Konzert meiner befreundeten Band FLAVA

und eigentlich auch die Nacht in den Wäldern westlich von Tokyo bei einer Sekte, die Reise zu den Inseln, der Trip nach Hokkaido durch das weite Land, eine Pressekonferenz mit dem japanischen Aussenminister und und und…..

Okay, nur einen Lieblingsartikel hab ich nicht 😀

Die beliebtesten Fotos in einem Jahr:

1. Das Mädchen und die Metropole
(auch mein Favorit)

2. Der Fuji

3. japanische Mädchen

4. Reiko

5. noch mehr japanische Mädchen

Weiter gehts

Mal schauen, wie langs den Blog noch gibt, ich hab bisher nix geplant. Aber das hatte ich zuvor auch nicht, und es hat über ein Jahr Beiträge gegeben. Ich hoffe natürlich, dass ihr als Leser oder Betrachter weiterhin dabei bleibt, denn ich bin ziemlich glücklich mit euch. Seit meiner Landung in Berlin schau ich mir die deutsche Blogosphäre an und ich bin schockiert über den Mangel an Intelligenz in einigen Kommentaren (oder Blog-Beiträgen 😉 ). Abgesehen von Spam musste ich bisher keinen Kommentar aufgrund von Schwachsinn oder sonstiger Idiotie löschen. Ich freue mich über jeden Gedanken, Anregung, Lob oder Kritik, wobei die viel zu selten auftaucht. Ich nehm das mal als Signal, dass ich alles richtig mache und werd so weitermachen.

Dafür, ein Dankeschön 🙂

Elf Uhr und zwei Minuten an einem Morgen in Nagasaki

1:1 Nachbildung der Bombe „Fat Man“ im Museum von Nagasaki, die bereits leistungsstärker als die Hiroshima-Bombe war

Nagasaki ist die ewige Nummer zwei, heisst es doch immer „Hiroshima… und Nagasaki„. Eine Woche vor meinem Abflug aus Japan war ich in Nagasaki. Die Stadt ist sehr viel anders als Hiroshima. In Hiroshima ist die Atombombe das Ding, was alles dominiert und womit man Hiroshima überall in der Welt verbindet. Nagasaki hatte schon vor 11.02 Uhr Ortszeit am 9. August 1945 eine wichtige Bedeutung in der Geschichte Japans, als Tor zum Westen. Zuerst war ich verwundert, dass im Info-Büro der Stadt die Atombombe nur ein Punkt neben vielen auf dem Programm ist, während in Hiroshima eigentlich alles damit zu tun hat. Doch für Nagasaki macht es Sinn.

Zu Nagasaki, und was ich dort überhaupt gemacht habe, äußere ich mich ein andermal, hier nur mal ein paar Impression, gegen das Vergessen der zweiten vernichteten Stadt.

Das Hypocenter, das Zentrum der Explosion. Heute steht ein schwarze Monolith an der Stelle, und viel, viel leerer Raum


Nagasaki hat wie Hiroshima auch einen Peace Park, mit einer riesigen, muskelbepackten Statue


Während Hiroshima’s Peace Park voll ist mit Monumenten und Denkmälern aus aller Welt, ist der Peace Park in Nagasaki sehr überschaubar und geradezu leer. Der einzige deutsche Beitrag kommt aus der DDR und hat die Nummer 1 auf jeder Karte des Peace Parks


Die Statue steht da in der „sozialistischen Ecke“, zusammen mit Denkmälern aus der Sowjetunion und Tschechien


Eine Zeichnung eines Überlebenden, die an die gestorbenen Studenten erinnern soll, die sich mit ihren verbrannten Körper zu einem Zug schleppten, der sie aus der Stadt bringen sollte. Ein Großteil ist wenige Meter vor dem Zug ihren Verbrennungen erlegen.

(Ein) Friedhof in Nagasaki. Nagasaki ist umgeben von Hügeln und liegt in einem Tal. Dieser Hügel hier war vom Fuße bis zur Spitze voll mit tausenden von Gräbern. Nicht alle Grabsteine gedenken den 70.000 Menschen, die am 9. August ums Leben kamen, aber die vielen Grabsteine geben zu denken.


Nagasaki heute, eine lebendige und entspannte Stadt

Das Magazin LIFE hat noch einmal in seinem Archiv rumgekramt und bisher unveröffentliche Bilder aus Hiroshima und Nagasaki präsentiert, inkl. Briefe von den Fotografen, die einem Monat nach der Explosion die zerstörten Städte erlebten.

-> Weblink: LIFE magazine – Hiroshima & Nagasaki

Tokyo-Kunst in Berlin

Im Freien Museum in Berlin findet derzeit die „To Be“ Ausstellung statt, 28 Künstler aus Tokyo und Berlin zeigen dort ihre Werke. Ich war bei der Eröffnung dabei und es war enttäuschend.

Schon in Tokyo hab ich mich viel für Kunst interessiert, dabei eher jung und temporär als irgendwelche alten Schinken. Wenn jetzt vier Wochen nach meiner Landung, die Tokyoter Kunst nach Berlin kommt, wollte ich mir das nicht entgehen lassen.
Die Ausstellung fand im Freien Museum in Berlin statt. Der Name ist dabei irreführend, da es kein Museum im klassischen Sinn ist, sondern eher eine alternative Ausstellungsfläche in einem schönen Altbau. Der etwas kaputte, unfertige und abgeranzte Charme vom Gebäude und von der gesamten Stadt, war der erste Unterschied zum klinischen Tokyo, wo selbst alles was mit Kunst zu tun hat, sehr geleckt und sauber aussieht. Als ich dann den etwas wilden Punk zwischen den Exponaten entdeckte, der mit seinen dicken Zöpfen, die von seinem Hinterkopf bis zum Gesäß hängen, während eine Halbglatze über einem selig lächelnden Gesicht glänzte, und er mit seinen kaputten Klamotten etwas bedrohlich auf die kleinen japanischen Gäste gewirkt haben mag, da wusste ich, ich bin nicht mehr in Tokyo. (Der Typ war im übrigens sehr freundlich und genoss zufrieden die Kunst)

Nach vier Wochen in Berlin war ich wieder von Menschen umgeben, die nur Japanisch sprachen. Es kamen nämlich die Künstler aus Tokyo, die noch welche mitbrachten, sowie auch versprengt Leute aus der japanischen Community in Berlin. Deutsche, die, mehr oder weniger Japanisch konnten, gab es auch. Dabei fiel mir ein junges Mädel besonders auf, die so ein fließendes und akzentfreies Japanisch sprach, als ob sie mehrere Jahre in Japan gelebt hatte. Ich meine Sie schon einmal in der japanischen Botschaft entdeckt zu haben, wo sie für Kulturelles und Events zuständig war und mich lieb anlächelte, als ich sie nach einem Manga-Wettbewerb fragte.
Sie war für die Betreuung der japanischen Gäste zuständig, die sichtlich erleichtert waren, mit jemanden problemfrei kommunizieren zu können. Das sie für die Botschaft arbeitet, macht bei ihrem Japanisch-Level auch sehr viel Sinn.

Der Eintritt war frei, doch hätte ich bezahlen müssen, hätte ich es bereut. Die ausgestellten Werke fand ich bis auf einige Ausnahmen uninteressant und teilweise auch einfach schlecht umgesetzt. Meine Vermutung zu Anfang, dass die nur ausgestellt werden, weil sie aus Tokyo kommen, und nicht weil ihre Werke begeistern, bestätigte sich in der Ausstellung. Ebenso auch die Berliner Künstler, die nebenher ausgestellt waren, und in Berlin bestimmt Schwierigkeiten hätten eine Galerie zu finden, bekommen im Paket in Tokyo bestimmt eine gute Galerie. Nur weil sie von woanders herkommen. Herkunft über Qualität hat der Ausstellung nicht geholfen.

Das ist auch das Problem der Ausstellung, es gibt keinen roten Faden, kein verbindes Element zwischen den Exponaten. Die sind einfach nur da, weil sie aus Tokyo oder Berlin stammen. Auf mich wirkte das wie ein zusammengewürfelter Haufen, den man etwas arrogant dem Zuschauer vorsetzt.

Die Kunst dort verkommt zum reinen Selbstzweck für die Künstler, als erste Gäste bei der Eröffnung waren zu 80% die Künstler selbst + ihre Freunde und Kollegen.
An den Werken fehlten erklärende Worte. Das kann man so machen, persönlich finde ich aber, dass es dem Verständnis schadet. Und wenn Kunst nicht verstanden wird, hat es seinen Zweck verloren, finde ich.
Nur durch Zufall war ich in der Nähe des Kurators, der einige Exponate einem Kollegen erklärte. Nur so konnte ich mir einen Reim auf die Werke machen. Das man mit nem simplen Papier neben dem Werk die Zuschauer nicht aufklärt, find ich mangelhaft.

Bei aller Kritik, so gab es auch interessante Werke:


(C) Kunsfaktor e.V./Foto: Keita Kojima

Tomoko Kofuneko ist ein Perfomance Artist. In der Ausstellung zeigte sie Fotos und Videos, wie sie, bunt angemalt, nach Papua Neuginea reiste und dort mit den ebenfalls angemalten Ureinwohnern zu tanzen.


(C) Kunsfaktor e.V./Foto: Yoshiko Tamari

Eine bunte Japanerin fährt in den Urwald um zu tanzen. Ich fand das herlich. Auch die Reaktionen des Stammes, mit dem sie tanzte, die sich alle so über diesen bunten Paradiesvogel freuten. Dazu gab es auch gute Bilder von ihr, wie sie im Urwald steht.


(C) Kunsfaktor e.V./ Tatsumi Orimoto

Das hier ist Tatsumi Orimoto mit seiner Mutter. Eine ganze Reihe von Bildern (in viel zu kleinen Format, unnötig auf kleiner Fläche!) hat er seiner Mutter gewidmet, die sich häufig dagegen sträubte, abgelichtet zu werden. Sie ist alt und nicht mehr sonderlich hübsch, sie wurde auch aus Perspektiven fotografiert, die absolut unvorteilhaft waren. Doch was man allen Bildern anmerkt, ist die Liebe des Künstlers zur Mutter. Rührend, auf eine Weise.


(C) Kunsfaktor e.V./ Dana Widawski

Das hier ist von der Deutschen Dana Widawski gemacht, und spielt sehr schön mit dem Verständnis von Tradition. Diese aufklappbare Wand stand auch im Ausstellungsraum, dahinter waren, allerdings nicht von ihr, Portraits im Ukiyo-e Stil, japanische Köpfe in deutscher Trachtenkleidung, statt Kimono oder Samurai-Kluft. Fand ich witzig.

Es sollte dann noch der Kultur-Attaché der japanischen Botschaft sprechen, dessen Email-Adresse ich glücklicherweise habe, doch der tauchte nicht auf. Es gab dann noch einen Ramen-Stand. Als ich allerdings sah, dass da kein Japaner am Herd steht, ist mir der Appetit vergangen. Nennt mich Rassist, aber bei japanischer Küche vertrau ich nur Japanern 😉

Wen es interessiert, und wer sich neben meinem subjektiven Eindruck selbst ein Bild machen möchte, die Ausstellung läuft bei freie Eintritt noch bis Ende August.

To Be – ein Projekt vom Kunstfaktor e.V. im Freien Museum Berlin
-> Weblink

Acht Uhr Fünfzehn morgens

Exponat aus dem Museum in Hiroshima, Spender: Akita Kawagoe

Am 6. August 1945 um 8.15 Uhr morgens blieben in Hiroshima die Uhren stehen. Mehrere zehntausend Menschen verdampften in dem Bruchteil einer Sekunde, nicht einmal mehr Staub blieb von ihren Leben übrig. Für Erwachsene, Kinder, Großeltern oder noch nicht einmal Geborene war vor 65 Jahren jegliche Existenz vernichtet worden.

Ich war in Hiroshima, aber ich möchte hier wenig drüber schreiben. Das hab ich an dieser Stelle im Blog oder ansatzweise in diesem Buch über Hiroshima schon getan. Trotzdem möchte ich mit diesen Eintrag, der am 6. August um 8.15 Uhr nach japanischer Zeit online geht, ein wenig daran erinnern.


Der Atombomben-Dom, die ewige Ruine


Der Dom als Miniatur im Museum


Sehr plastische Darstellung von Szenen nach der Explosion im Museum


500m über diesen Punkt war das Hypocenter, das Zentrum der Explosion. Hier stand früher ein Krankenhaus. Kranke, Verwundete, Patienten und Personal hatten keine Chance auf ein Überleben und wurden komplett ausgelöscht.

Für mich persönlich ist es immernoch schwer mir vorzustellen, wie ein Mensch von einem Augenblick auf den anderen aufhört zu existieren. Wenn jemand stirbt, bleiben noch seine sterblichen Übereste, seine Verwandten, Kollegen oder irgendeine Akte, die ihn nicht vergisst. Wenn alles in weniger als einer Sekunde mit ihm verbrennt und verschwindet, verschwindet der Mensch – komplett.

„Mit jedem Menschen sterben auch die Toten, die nur in ihm noch gelebt hatten.“
Richard von Schaukal