blog

Die Untergrund-Zitadelle von Tokyo

Nördlich von Tokyo in Saitama verläuft das Tokyo “G-Cans” Projekt: eine Reihe von riesigen Untergrund-Gewölben, die im Falle einer Überflutung der lokalen Flüsse, das Wasser aufnehmen und in ihren gigantischen Hallen stauen sollen.

Ich hatte vor einer Weile mal “Tokyo” und “blog” gegoogelt, um mich über die Stadt ein wenig zu informieren. Ich kam da unter anderem auf den sehr lesenswerten BLDGBLOG (Building-Blog), der sich mit fantastischer und innovativer Architektur auseinandersetzt. Ein Artikel aus dem Jahre 2005 beschreibt nun die “Pillars of Tokyo”, mit Fotos, die mich neugierig machten:


Quelle: BLDGBLOG / G-Cans Project

In den Kommentaren unter dem Artikel munkelt man schon:

Anonymous David Knight said…

I think these are fakes.

Ich wollte mehr wissen, und fragte bei der Redaktion nach, für die ich hier arbeite. Die wussten auch nicht wirklich weiter, wollten mich aber auf dem Laufenden halten, wenn etwas dazu reinkommen sollte. Beruhigt wand ich mich anderen Dingen zu.

Ich hab hier eine Japanerin als Sprachpartner, ich bring ihr Deutsch bei, und sie mir Japanisch. Sie ist Architektin von Beruf und dementsprechend an solchen Gebäude interessiert. Zufällig hatte sie nun vom Tag der offenen (Keller)Tür von diesem Gewölbe gehört, und sie lud mich ein mitzukommen.

Ich überlegte nicht lange.

In einem wirklich heftigen Regen machten wir uns auf nach Saitama.

Saitama liegt ungefähr eine Zugstunde von Tokyo entfernt, auch wenn es immer noch zum Gebiet “Greater Tokyo” gezählt wird. Viele Pendler wohnen dort, weshalb die deutsche Wikipedia Saitama putzigerweise als “eine große Schlafstadt für die Metropole” bezeichnet.

An diesem Tag gab es auch einen kostenlosen Shuttle-Bus, direkt zum Gewölbe. Der Andrang war dementsprechend groß.

Die Wartezeiten waren allerdings überraschen kurz. Es passten halt wirklich genug Leute auf einmal hinein. Nebenan war eine Karaoke-Bar, deren Tür offenstand. Eine Japanerin, die hörbare Probleme hatte den Ton zu halten, sorgte für die musikalische Untermalung.

Das Gebäude oben sieht ziemlich unscheinbar aus, interessanter wird es, wenn man die 100 Stufen in einem kahlen Beton-Gang hinuntergeht:

Direkt links davon begann schon das Gewölbe:


(größere Ansicht)

Der eingangs erwähnte Regen drang auch in die Tiefen vor und machte aus dem staubigen Boden einen einzigen großen Spiegel.

Über 60m tief in der Erde und über 25m hoch spannt sich die Decke über steinerne Riesensäulen.

Alle hatten ihre Kameras dabei, um auch nur einen pixeligen Bruchteil dieses gigantischen Apparats in ihrem kleinen Display mit nach Hause zu nehmen.

Nun ist das hier Japan, und so ganz ohne eine kleine Prise WTF?! geht es selbst hier unten nicht.
So gab es eine kleine Musik-Kombo, die Weihnachtslieder(!) spielte:


(coole Akustik im übrigen)

Und es lagen auch ein paar Manga-Zeichnungen rum, die mit kleinen Ninjas(!) die Geschichte von dem Gebäude erzählten.

Ohne die Architektin als meine Begleitung (auf dem Foto oben in der Mitte) wär ich allerdings recht aufgeschmissen gewesen, denn es gab absolut gar keine englischen Hinweise oder Übersetzungen. Ich hätte auch nicht gewusst, dass es eine kostenlose Shuttle-Bus Verbindung gibt. Also nochmal vielen Dank an dieser Stelle!

Ich musste, während ich da unten war, oft an den Klassiker “Metropolis” von Fritz Lang denken (grundsätzlich seitdem ich in Tokyo bin fühle ich mich oft an die dort dargestellte Gigantomanie und durchstrukturierte Gesellschaft erinnert….). Wenn man die Fotos schwarz-weiß macht, fällt es noch eher auf, finde ich.

Eine(!) Frau hatte es sich nun zur Aufgabe gemacht, das ganze Wasser zu verteilen und den Boden zu säubern. Sie sauste nun mit ihrem Besen hin und her:

Mit purer Begeisterung:

Wie ein Mensch allein das Ganze Ding säubern will ist mir schleierhaft, wir sind doch so klein verglichen mit diesen riesigen Beton-Säulen.

Die Architektin wollte am liebsten ewig dort bleiben. Doch irgendwann war die Speicherkarte voll und die Motive varrierten nicht sonderlich. Wir gingen also wieder die 100 Stufen hoch.
Draußen hatte der Regen inzwischen aufgehört und es fand ein Matsuri statt. Die Veranstalter müssen wohl geglaubt haben, dass ein riesiges Gebäude alleine nicht genügend Unterhaltungspotential hat, und deswegen haben sie ein paar Tänzer angeheuert und Fressbuden aufgestellt. Und ähm… in die Jahre gekommene Maids:

Die Kiddies fandens toll.

Und ich ebenso. Endlich wieder Yakisoba!

-> Wikipedia-Eintrag zum Projekt

-> Offizielle Seite (englisch)
(Wer vorbeischauen will, muss sich vorher anmelden)

the many faces of Hiroki Azuma II

Japan hat 120 Millionen Einwohner, der Großraum Tokyo satte 35 Millionen, und der innere Kreis der Stadt so um die 11 Millionen. Wie groß ist also die Wahrscheinlichkeit, dass ich innerhalb von 3 Monaten zweimal den Auftrag bekomme, die selbe Person abzulichten? Anscheinend sehr hoch:

Das ist, wieder mal, Hiroki Azuma, seineszeichen Philosoph und Otaku-Professor. Ich hatte fürs Metropolis Magazine ja schon einmal ein Interview mit ihm begleitet, mit recht interessanten Ergebnissen.

Diesmal war es für den Autor, für den ich mich schon in die Höhle eines Otaku gewagt hatte.

Diesmal gab es auch wieder wirklich viele Gesichtsausdrücke, die ich aber so oder so ähnlich hier schon hatte. Von daher halte ich es mal kurz.

Beim letzten Mal kam ja hinterher die Email, ob ich denn nicht Fotos habe, wo er nicht so dick aussieht. Ich hatte also eigentlich erwartet, dass er nicht erfreut ist, mich nun wieder zu sehen 😉 Als er zur Tür reinkam, war ich dementsprechend angespannt. Er guckte zuerst den Autor an, der ihn dann auf japanisch begrüßte, und dann fixierte sein Blick mich, und er guckte mich lange Zeit verwundert an. Als wir dann am Tisch Platz nahmen, zeigte er mit dem Finger auf mich und meinte auf japanisch “Haben wir uns nicht schonmal gesehen….?”. Ich lächelte, sagte “Metropolis” und er lächelte zurück. So schlecht fand er die Bilder wohl nicht 🙂

Allerdings hatte er gelernt. Er zog sich nämlich für das Foto die Jacke über, die ihn etwas schlanker wirken ließ. Nach zehn Minuten hatte ich auch sein Bild im Kasten, was den Autor sehr erstaunte:

Wow, you and Azuma, you’re so quick and professional!

Kunststück, ich hatte ihn ja schonmal fotografiert 😉

Der Raum war komisch, und murckste mit den Farben irgendwie rum. Vorallem der komplett rote und dominante Hintergrund war sehr wuchtig.

Er überlegte wieder mal viel

und zog auch über Otsuka Eiji her, den ich ja auch schon fotografierte.
Grundsätzlich war er aber besser drauf, als beim letzten Mal. Das mag am Wetter gelegen haben, aber vielleicht auch an den fließenden Japanisch-Kenntnissen des Interviewers.

Das Ganze war diesmal für Otaku-USA, einer amerikanischen Anime und Manga Zeitschrift, die der Autor dann auch Hiroki Azuma mitbrachte. Er las dann skeptisch dadrin:

Ich find dieses Bild einfach nur witzig. Ein japanischer Professor, der sich wissenschaftlich mit Anime und Manga auseinandersetzt, liest eine Zeitschrift aus Amerika über japanische Pop-Kultur, die sich selbst sogar “Otaku” nennt, als eigentlich selbst abwertet.

Das wär so, als würde in Japan einer den “Schnulzen-Sänger monthly” lesen, über deutsche Schlagermusik. Irgendwie… komisch eben.

Zwei Sachen, die ich mag

C.C. Lemon und die Simpsons – Die Japaner schaffen es, beides zu verbinden:
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=jCb9-RytAoM&hl=de_DE&fs=1&]

C.C. Lemon war das erste Getränk, welches ich bei einer dieser Vending Machines hier, an meinem zweiten Tag in Tokyo, gekauft habe, und es hat mich gleich begeistert. Wenn ich das jetzt trinke, schmeckt es immer ein bisschen nach Sommer und diesem “Alles Neu” Gefühl… hachja, ich zieh mir gleich nochma ne Flasche….